Nun ist es auch amtlich bestätigt: Die Inflation ist zurück in Deutschland. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte, stiegen die Verbraucherpreise im vergangenen Jahr so stark wie seit 1993 nicht. 3,1 Prozent betrug das Plus im Jahr 2021, im Dezember lag die Inflationsrate sogar bei 5,3 Prozent im Vergleich zum Dezember 2020. Das politische Ziel ist eigentlich ein Wert von zwei Prozent.
Die spannende Frage ist nun, wie es 2022 weiter geht: Steigen die Preise weiter oder beruhigt sich das Geschehen? Denn einige, aber nicht alle Teuerungseffekte werden von Experten als vorübergehend eingestuft. Die Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung etwa wirkt sich statistisch nicht mehr auf die Teuerung 2022 aus. Und auch das Wiederanspringen der Wirtschaft nach den teils harten Lockdowns im ersten Corona-Jahr gilt als Sondereffekt.
"Zunehmend krisenbedingte Effekte"
Trotzdem dürfte es so schnell nicht vorbei sein mit den inflationär steigenden Preisen. Denn neben temporären Faktoren gebe es auch "zunehmend krisenbedingte Effekte", sagt der Chef des Statistischen Bundesamtes, Georg Thiel. Dazu zählen Lieferengpässe und knappe Rohstoffe und Vorprodukte.
Dazu passt, was das Münchner ifo-Institut berichtet: Die Wirtschaftsforscher befragen jeden Monat 7000 Unternehmen, ob sie steigende Preise erwarten. Fast 45 Prozent der Unternehmen wollen demnach in den kommenden drei Monaten die Preise erhöhen, im Einzelhandel sind es sogar 60 Prozent.
Timo Wollmershäuser, Leiter der ifo-Konjunkturprognosen, ist sich daher sicher: "Das wird bis auf die Verbraucherpreise durchschlagen." Der ifo-Forscher erwartet auch für die kommenden Monate Inflationsraten von mehr als vier Prozent. Erst gegen Ende des Jahres komme die Zwei-Prozentmarke wieder in Sicht.
Energie bleibt teuer
Solche Durchschnittswerte sind das eine. Tatsächlich betrifft die Teuerung Verbraucher aber vor allem in einigen wenigen Bereichen besonders krass. Der größte Inflationstreiber sind und bleiben die Energiepreise. Während diese 2020 mit dem coronabedingten Erlahmen der Wirtschaft noch zurückgingen, schossen sie 2021 umso heftiger nach oben. Zu den explodierenden Marktpreisen kommt auch noch die neue CO-Abgabe. Im Schnitt wurden Energieprodukte im vergangenen Jahr 10,4 Prozent teurer. Besonders heftig betraf dies Heizöl, das rund 42 Prozent teurer wurde, und Kraftstoffe, die sich um knapp 23 Prozent verteuerten.
Die ifo-Forscher erwarten, dass die Unternehmen auch in den kommenden Monaten die gestiegenen Kosten für Energie an die Verbraucher weitergeben. Selbst wenn die Börsenpreise für Erdgas, Strom und Rohöl nicht noch weiter steigen, sorgten die gestiegenen Preise noch eine Zeitlang für hohe Inflationsraten, sagt Wollmershäuser. Im Schnitt müssten die Verbraucher in diesem Jahr zehn Prozent mehr für Energie ausgeben als im vergangenen Jahr.
Auch weitere Preissprünge sind 2022 möglich. Zwar werden Haushalte durch die Senkung der EEG-Umlage beim Strom etwas entlastet. Doch der politische gesetzte CO2-Preis soll weiter steigen und der Konflikt mit Russland könnte die Gasknappheit weiter verschärfen.
Wann es im Supermarkt am leersten ist – und welches Produkt am häufigsten gekauft wird
Lebensmittel im Fokus
Auch steigende Lebensmittelpreise könnten in diesem Jahr zum Thema werden. Bereits Ende des Jahres wurden viele Nahrungsmittel deutlich teurer, Gemüse etwa war im Dezember zehn Prozent teurer als ein Jahr zuvor. Dennoch gelten insbesondere klimaschädliche Lebensmittel in Deutschland weiter als zu billig. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hat "Ramschpreisen" den Kampf angesagt, mit einer Tierwohlabgabe und ähnlichen politischen Vorhaben könnten tierische Produkte gezielt verteuert werden.
Wegen höherer Treibstoff- und Düngemittelpreise sowie Initiativen für mehr Tierwohl dürften die Kosten für die Landwirtschaft weiter steigen, analysiert Claus Niegsch, Ökonom der DZ Bank. "Damit ist zunächst einmal kein schnelles Ende der Preiserhöhungen für Lebensmittel zu erwarten." Teurere Preise dürften den Kunden im Supermarkt aber vor allem bei einzelnen Produkten ins Auge springen. Im Schnitt erwarten die Analysten der Bank in diesem Jahr einen Preisanstieg bei Lebensmitteln von 3 Prozent.
Quellen: ifo-Institut / Statistisches Bundesamt / DZ Bank