Jahrelang war die Inflation niedrig, zuletzt schossen die Verbraucherpreise steil nach oben. Im November stieg die Inflationsrate auf 5,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das ist der höchste Wert seit fast 30 Jahren, wie das Statistische Bundesamt notiert.
Allerdings wird längst nicht alles gleich teurer. Deutlich mehr bezahlen müssen Verbraucher aktuell vor allem für Energie, also Heizen und Tanken. So sind Kraftstoffe derzeit 43 Prozent teurer als vor einem Jahr, die Preise für Heizöl verdoppelten sich gar. Nahrungsmittel kosten 4,5 Prozent mehr, bei anderen Dingen ist es noch weniger.
Weil die Preise so unterschiedlich stark steigen, sind die Menschen auch unterschiedlich stark von der Inflation betroffen. Wie genau sich das auswirkt, das haben Forscher des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln in einer aktuellen Auswertung berechnet. Die Inflation trifft demnach in besonderem Maße ärmere Haushalte, ältere Menschen und Frauen.
Warum Ärmere stärker betroffen sind
Für ihre Untersuchung schauten die Ökonomen, wie sich die Preise für verschiedene Güter seit 1995 entwickelt haben und glichen dies mit dem Konsumverhalten unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen ab. Für Haushalte mit geringem Einkommen (bis 2600 Euro) wurde das Leben demnach seit 1995 um 34 Prozent teurer. Für Gutverdiener-Haushalte (mehr als 5000 Euro Einkommen) stiegen die Lebenshaltungskosten nur um 28 Prozent.
"Ein Grund hierfür ist, dass die ärmeren Haushalte einen größeren Anteil ihres Einkommens für Wohnen und Lebensmittel ausgeben, die recht stark im Preis gestiegen sind, während die einkommensreicheren Haushalte stärker Elektronikgeräte konsumieren, die qualitätsbereinigt im Preis gefallen sind", schreiben die IW-Forscher. Dazu kommt, dass es reicheren Haushalten leichter fällt, bei starken Preissteigerungen ihr Konsumverhalten zu ändern und auf andere Güter umzusteigen. Für Ärmere ist dies dagegen häufig nicht möglich, da sie einen Großteil ihres Gelds für lebensnotwendige Dinge ausgeben, die sich nicht ersetzen lassen.
Wann es im Supermarkt am leersten ist – und welches Produkt am häufigsten gekauft wird

Starker Alterseffekt
Noch größere Unterschiede als bei den Einkommen ergeben sich mit Blick aufs Alter. Ältere Menschen kaufen demnach im Schnitt deutlich mehr Produkte, die von starker Teuerung betroffen sind, als jüngere. Für 18- bis 24-Jährige liegt die langfristige Inflation laut der IW-Studie bei unter 19 Prozent, für 45- bis 54-Jährige bei rund 27 Prozent und für über 80-Jährige bei rund 43 Prozent. Den gleichen Effekt sieht man auch im Vergleich von Angestellten, die im Schnitt 27,5 Prozent mehr zahlen, und Rentnern mit plus 38 Prozent.
Auch zwischen Frauen und Männern lassen sich mit Blick auf Single-Haushalte langfristig Unterschiede beobachten. Während für die Frauen die Lebenshaltungskosten um rund 37 Prozent stiegen, waren es bei den Männern nur 31 Prozent. Ein Grund ist auch hier wieder, dass Männer anteilig mehr Geld für Elektronikgeräte ausgeben, die tendenziell günstiger wurden. Für Paare, mit und ohne Kinder, liegt die Teuerung zwischen den beiden Single-Werten. Alle IW-Zahlen beziehen sich auf die vom Statistischen Bundesamt gemessenen Preisveränderungen zwischen Januar 1995 und August 2021, die Annahmen zum Konsumverhalten entstammen der amtlichen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS).
Wen Energiepreis-Schocks treffen
Interessant mit Blick auf die aktuelle Situation ist auch die Frage, wer wie sehr unter steigenden Energiepreisen leidet. Die Studienautoren haben ausgewertet, wie stark die Rohölpreise – und damit die Ausgaben für Heizöl, Benzin, Diesel – die Inflationsraten einzelner Gruppen beeinflussen. Hier zeigt sich, dass bei Preisschocks Haushalte mit mittleren Einkommen akut besonders stark betroffen sind, weil sie im Vergleich am meisten Geld für Benzin ausgeben. Bei ärmeren Haushalten wie auch bei älteren Menschen schlägt der Preis-Effekt mit etwas Verzögerung zu, sie bekommen die Verteuerung der Energie vor allem über die Heizkosten zu spüren.
Wie stark die Inflation im kommenden Jahr steigen wird, ist derzeit eine viel diskutierte Frage. Experten verweisen darauf, dass aktuelle Sondereffekte wie die Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung wegfallen, was die Inflation wieder dämpfen würde. Andererseits können Preissteigerungen eine Eigendynamik entwickeln und der CO2-Preis Energie weiter verteuern. Die neue Ampel-Regierung hat daher angekündigt, höhere Kosten über ein neues Klima-Geld an die Bürger zurückgeben zu wollen. Das muss allerdings erst noch auf den Weg gebracht werden.