Der Verkauf des Hamburger Zigarettenkonzerns Reemtsma nach England ist beschlossene Sache. Am Mittwoch sprachen sich sowohl der Aufsichtsrat des Mutterkonzerns Tchibo als auch die Hauptversammlung dafür aus, der englischen Imperial Tobacco den Zuschlag zu geben. 5,2 Milliarden Euro soll Tchibo für zunächst 90 Prozent von Reemtsma (West, R1, Davidoff) bekommen. Dazu kommt eine Dividende von 810 Millionen Euro sowie weitere Cash-Anpassungen und Auszahlungen von rund 230 Millionen Euro.
Das beste Angebot
Auch Japan Tobacco sowie die französische Altadis hatten sich nach Presseberichten intensiv um Reemtsma bemüht, kamen aber wegen des besseren Angebotes von Imperial Tobacco aus Bristol nicht zum Zuge. Bei einem Verkauf an die Engländer ist zudem weitgehend garantiert, dass Reemtsma in seiner jetzigen Form erhalten bleibt. Zu Sortimentsüberschneidungen wird es kaum kommen: Imperial verkauft hauptsächlich Zigarren und Tabakprodukte, während der Hamburger Konzern sich auf Zigaretten konzentriert. Imperial kauft zunächst 90,01 Prozent von Reemtsma, der Rest soll in den nächsten zwei bis drei Jahren ebenso den Besitzer wechseln.
Beide Partner zufrieden
Imperial Tobacco-Chef Gareth Davis sprach von einem »äußerst faszinierenden Geschäft«, das eine »dynamische Gruppe«, ein umfassendes Markensortiment und attraktive Wachstumschancen entstehen lassen wird. Thierry Paternot, der Vorstandsvorsitzende von Reemtsma, sagte: »Wir sind zuversichtlich, dass wir unseren Kunden durch die Größe und die Ressourcen der kombinierten Gruppe künftig einen deutlichen Mehrwert bieten können.« Die Übernahme muss noch von den Aktionären und der EU-Kommission genehmigt werden. Zu Reemtsma gehören unter anderem die Marken »West« und »R1«.
Verkauf keine Überraschung
Reemtsma beschäftigt in Deutschland rund 11.000 Mitarbeiter an den Standorten Hamburg, Berlin und Hannover-Langenhagen und erzielte zuletzt einen Umsatz von rund 2,6 Milliarden Euro. Der Verkauf von Reemtsma war seit Monaten im Gespräch. Die Tchibo-Eigentümerfamilie Herz, die zurzeit 30 Prozent von Beiersdorf hält, möchte nach Presseberichten zusätzlich von der Allianz Versicherung deren 44 Prozent an dem Kosmetikunternehmen übernehmen. Allerdings ist offen, ob die Allianz das Beiersdorf-Paket an Tchibo oder einen Branchenkonkurrenten wie L?Oreal, Unilever oder Henkel verkaufen will.
Eigentümerfamilie teilweise einig
Ein Unsicherheitsfaktor bei Tchibo war bislang immer die Zerstrittenheit der Eigentümerfamilie. Vor einem guten Jahr hatte Günter Herz wegen Unstimmigkeiten seinen Posten als Vorstandsvorsitzender aufgegeben. Grund war »eine vollständige Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Aufsichtsrat und mir«. Nachfolger wurde der frühere Reemtsma-Chef Ludger Staby. Offenbar konnte das Verhältnis zwischen den zerstrittenen Familienmitgliedern mittlerweile aber wieder so weit gekittet werden, dass zumindest die Entscheidung über den Verkauf von Reemtsma getroffen werden konnte.