Kosmetikbranche L'Oréal schluckt das gute Gewissen

Branchenprimus L'Oréal kauft die Kosmetikkette Body Shop, zu deren Grundsätzen strenge ethische Richtlinien gehören. Die Body Shop-Gründerin muss sich gegen Vorwürfe wehren, nicht nur ihr Unternehmen zu verkaufen.

Der weltgrößte Kosmetikkonzern L’Oréal kauft die britische Kosmetikkette Body Shop für 652 Millionen Pfund (rund 940 Millionen Euro) kaufen. Die 63-jährige Body Shop-Gründerin Anita Roddick wehrt sich gegen Vorwürfe, sie habe mit dem Verkauf an L’Oréal ihre Ziele verraten. Sie werde eine Beraterrolle übernehmen, und am Ethos des Body Shops werde sich nichts ändern. "Das ist ohne Zweifel das beste Geschenk zum 30. Geburtstag des Body Shops, dass wir uns erhoffen konnten", kommentierte Roddick.

Mit der Übernahme von Body Shop schafft sich der weltgrößte Kosmetikkonzern L’Oréal ein starkes Standbein in der Naturkosmetik. Die britische Kette steht für "sanfte" Artikel ohne Konservierungsstoffe, die ohne Tierversuche entwickelt werden. "L’Oréal verpflichtet sich, die Grundwerte von Body Shop zu achten", erklärte der Pariser Konzern am Freitag.

Body Shop ist weltweit in 50 Ländern mit mehr als 1900 Geschäften vertreten. Die Unternehmensphilosophie war von Anfang an genauso exotisch wie die Produkte. "Firmen, die nicht moralisch, sondern nur aus Profitgier handeln, schaden ihrem Geschäft", so Roddicks Überzeugung. Es folgten provokante Kampagnen gegen Gewalt und Kinderarbeit, Unterdrückung und Menschenrechtsverletzungen. Ende der achtziger Jahre entstand das Konzept "Hilfe durch Handel". Body Shop kaufte immer mehr Inhaltsstoffe direkt bei Kooperativen und Kleinbauern in der Dritten Welt, ohne Zwischenhändler. Die Roddicks hatten ihre Geschäfte 1976 mit einem kleinen Laden im südenglischen Brighton gestartet, wo sie selbst gemachte Produkte in wieder verwertbaren Verpackungen verkauften.

Body Shop soll eigenständiges Unternehmen bleiben

Das Unternehmen ist auch für seinen Kampf gegen Tierversuche in der Branche bekannt. Obwohl L'Oréal nach eigenen Angaben seit 1989 keine Tierversuche durchführt, hat der Konzern kein ausgeprägtes Öko-Image. Auch die französische Kosmetikgruppe teilte mit, Body Shop solle weiterhin als eigenständiges Unternehmen geführt werden und seine eigene Identität wahren.

Die Gründer-Familie Roddick hält bisher rund 19 Prozent an Body Shop und hatte ihre Verkaufsbereitschaft bereits mit einer Reduzierung ihrer Anteile in den vergangenen Monaten signalisiert. Zusammen mit den Anteilen von Mitgründer Iain McGlinn liegt ihre Beteiligung bei rund 40 Prozent. Der Konzern, der in den 80er Jahren große Erfolge hatte, hatte an Gunst verloren, als andere Händler sein Konzept nachahmten und die Expansion in den USA sich eher holprig gestaltete. Im Januar hatte Body Shop nach schwächer als erwarteten Umsätzen einen Gewinnrückgang in Aussicht gestellt.

Body Shop-Aktien steigen

Der neue L’Oréal-Chef Jean-Paul Agon hatte schon Anfang des Monats gesagt, dass der Konzern nach Akquisitionen Ausschau halte, um sein Wachstum zu beschleunigen. Dies habe Priorität für den Konzern, der so bekannte Marken wie Lancôme, Biotherm oder Garnier vertreibt. Die Regulierungsbehörden müssen allerdings noch zustimmen. Die Übernahme würde den Gewinn 2006 jedoch noch nicht beeinflussen, teilte L’Oréal am Freitag mit. Nach Bekanntgabe der geplanten Übernahme stiegen die Aktien von Body Shop kurz nach Börseneröffnung in London um 10,6 Prozent. Die L’Oréal-Aktie zeigte im Pariser Handel ein leichtes Plus von 1,27 Prozent.

DPA · Reuters
tk mit AP/DPA/Reuters