Microsofts Übernahmeangebot Letzter Ausweg Yahoo

Mit eigenen Entwicklungen hat es nicht geklappt - jetzt soll Yahoo die Rettung bringen. Der US-Softwarekonzern Microsoft versucht mit einer Mega-Übernahme die Marktmacht von Google zu brechen. Analysten bewerten die Erfolgsaussichten skeptisch.

Schon lange wurde darüber spekuliert - die Beteiligten haben jedoch regelmäßig abgewunken. Jetzt ist es offiziell: Der amerikanische Softwarekonzern Microsoft will den Internetdienstleister Yahoo übernehmen.

Die knapp 45 Milliarden Dollar, die Microsoft dafür auf den Tisch blättern muss, sind auch für ein Unternehmen von der Größe Microsofts kein Pappenstiel. Der Zeitpunkt ist aber günstig: Die Yahoo-Aktien haben in den vergangenen Wochen und Monaten kräftig an Wert verloren. Der Kurs ist so niedrig, dass Microsoft den Aktionären ohne Probleme einen Aufschlag von 62 Prozent auf den letzten Schlusskurs bieten kann.

Yahoo steckt in einer Krise und hat den Anschluss an den größten Konkurrenten Google verloren. Zuletzt hatte das Unternehmen einen Gewinneinbruch erlitten und einen Stellenabbau angekündigt. Und genau an diesem Punkt hat der Konzern eine große Gemeinsamkeit mit Microsoft. Der Softwarekonzern versucht seit Jahren, die Marktmacht von Google zu knacken, bislang meist mit Produkten aus dem eigenen Haus, jedoch mit wenig Erfolg.

Die Aktionäre müssen zustimmen

Jetzt soll Yahoo den Durchbruch bringen. "Wir haben Geld verloren", umschreibt Microsoft-Chef Steve Ballmer die Probleme. "Unser Plan wäre, in der Zukunft kein Geld zu verlieren." Mit Yahoo würde Microsoft eine der bekanntesten Marken im Internet ins Boot holen. Das Unternehmen besitzt zudem den mit 250 Millionen Kunden am häufigsten genutzten Email-Dienst der Welt.

Ballmers erklärtes Ziel ist es, Microsoft im boomenden Online-Werbemarkt stärker aufzustellen, der auch von Google dominiert wird. Mit Zukäufen von Online-Werbefirmen hatten sich sowohl Microsoft, als auch Google in der jüngsten Vergangenheit verstärkt. Microsoft-Manager Kevin Johnson sagte, zusammen könnten die Unternehmen eine "kritische Masse" erreichen, um Innovationen durchsetzen zu können. Die kombinierten Entwicklungsteams erhöhten zudem die Schlagkraft.

Hohe Synergien erwartet

Bis Ende des Kalenderjahrs 2008 könne die Fusion abgeschlossen sein. Das Yahoo-Direktorium erklärte, das Angebot im Sinne der langfristigen Interessen seiner Aktionäre anzuschauen. Dies werde vor dem Hintergrund der eigenen strategischen Pläne geschehen. Die EU-Kommission lehnte eine Stellungnahme ab.

Die Kosteneinsparungen sollen bei mindestens einer Milliarde Dollar liegen. Yahoo-Aktionäre sollen zwischen einer Barauszahlung und Microsoft-Aktien wählen können. Insgesamt soll der Kaufpreis je zur Hälfte in bar und in Aktien bezahlt werden.

Google mit Riesenvorsprung

Wie stark die Vormachtstellung von Google gerade auf dem Markt für Suchmaschinen ist, zeigt die Verteilung der Marktanteile: Google beherrscht nach Angaben der Forschungsgruppe comScore 77 Prozent, Yahoo kommt lediglich auf 16 und Microsoft auf magere 3,7 Prozent.

"Wir wissen alle, warum sie das machen", sagte Robert Breza von RBC Capital Markets. Ziel sei es, sich im Kampf gegen Google zu stärken. "Microsoft hat eine Kriegskasse voller Geld", sagte er. Jeden Monat komme eine weitere Milliarde Dollar hinzu. Auch strategisch sei der Kauf günstig, schon allein wegen der Anteile am Suchmaschinenmarkt. "Microsoft setzt damit eine Menge aufs Spiel", sagte Brendan Barnicle von Pacific Crest Securities.

Einige Analysten zeigten sich kritisch. Sie verwiesen darauf, dass Microsoft und Yahoo sehr verschiedene Firmenkulturen haben und ihr Geschäft sich in vielen Punkten wie E-Mail, Werbung und Messaging überlappen. "Für ein kränkelndes Unternehmen ist der Aufschlag aus meiner Sicht exorbitant", sagte Tim Smalls von Execution. "Ich für meinen Teil sehe nicht, wie die Microsoft-Yahoo-Synergien sich gegen Google durchsetzen sollen.

Google schwächelt

Die Fusion wäre die größte auf dem Internet-Markt seit der Übernahme von AOL durch Time Warner 2001 für 182 Milliarden Dollar. Die Übernahme gilt als eine der unglücklichsten der modernen Wirtschaftsgeschichte.

Microsoft hatte vor einigen Tagen einen Gewinn von 4,7 Milliarden Dollar für das vierte Quartal vorgelegt, ein deutlich besseres Ergebnis als erwartet. Yahoo erlitt dagegen einen Gewinneinbruch und kündigte einen Stellenabbau an. Die Aktien des Unternehmens lagen bereits zu Jahresanfang nahe an einem Vier-Jahres-Tief. Im lukrativen Anzeigenmarkt ist der Konzern massiv hinter Google zurückgefallen.

Google hatte allerdings am Donnerstagabend mit seinen Quartalszahlen enttäuscht. Analysten haben erklärt, Google falle es zunehmend schwer, im Suchmarkt Anteile von seinen Rivalen abzujagen. Zudem hat der Internetkonzern im vergangenen Vierteljahr nicht mehr so viele Menschen eingestellt wie zuvor. "Von Microsofts Seite ist das Timing gut", sagte Paul Mendelsohn von Windham Financial Services.

DPA · Reuters
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