Eigentlich ist er es gewohnt anzuecken. Mit rabiaten Geschäftsmethoden hatte der Microsoft-Gründer Bill Gates sein Betriebssystem Windows zum Quasi-Monopol erhoben, hatte sich selbst für lange Zeit zum reichsten Menschen der Welt gemacht. Doch die Theorien, die im Rahmen der Corona-Krise um ihn herum gesponnen werden, bringen selbst den viel Widerstand gewohnten Gates aus dem Konzept.
"Man kann es kaum noch leugnen, so dumm oder merkwürdig ist es. Wenn man es nur wiederholt, gibt es dem auf eine Weise mehr Glaubhaftigkeit", erklärte Gates bei einem Pressegespräch in der letzten Woche sein Dilemma, angemessen auf die kruden Theorien zu reagieren. Eigentlich wollte er dort über die Bemühungen der gemeinsam mit seiner Frau Melinda betriebenen Stiftung sprechen, einen Impfstoff gegen das Coronavirus zu finden. Doch dann kam das Thema auch auf die zahlreichen Theorien, die im Internet zur Gates' Impf-Engagement herumgeistern.
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Gedankenkontroll-Chip aus der Impfdosis
Die zeichnen Gates teils wie einen Superschurken aus einem Comic. Der Milliardär, der sein Vermögen zum Kampf gegen Krankheiten wie Malaria nutzt und schon seit Jahren vor den Gefahren einer Pandemie warnt, hat den Verschwörungstheorien zufolge ganz andere Motive. Gates soll planen, mit dem Impfstoff eine Art Kontrollchip in die Menschen einzuschleusen, mit dem er dann ihre Gedanken steuern kann. Auch 5G-Technologie und Blutrituale mit Kindern kommen in einigen noch wirreren Varianten der Verschwörungsgeschichten vor.
"Es ist auf eine Weise so bizarr, dass man es fast witzig finden könnte. Aber ich schätze, es ist eigentlich nicht besonders komisch", erklärte Gates laut der "New York Post". Und stellte klar: "Ich habe nie mit irgendeiner Art von Microchip zu tun gehabt." Doch das hält die Verschwörungsfans genauso wenig von ihren Ideen ab wie die Tatsache, dass die Theorie eigentlich überhaupt nur dann Sinn ergäbe, wenn es schon einen Impfstoff gäbe - und der nicht noch mindestens ein Jahr in der Zukunft läge. "Diese Fehlinformationen sind einfach so seltsam", gestand Gates. "Ich kenne niemanden, der mit sowas zu tun hat, daher fehlt mir ein direkter Draht, sie zu verstehen."
Weit verbreitetes Phänomen
Um ein Nischenphänomen handelt es sich nicht. In einer Yougov-Umfrage im Auftrag von Yahoo wurden US-Bürger auch nach Gates und sein Corona-Engagement gefragt. Bei Personen, die sich selbst als Republikaner sehen, war der Glaube an Gates' Impfverschwörung und den Gedankenkontrollchip weit verbreitet. Nur 26 Prozent bewerteten sie als klar falsch, ganze 44 Prozent halten die Verschwörungsgeschichte für wahr. Und selbst bei den Demokraten fand sie noch 19 Prozent Zustimmung.
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Die größten Folgen der Chip-Behauptung fürchtet Gates aber nicht für sich selbst, sondern für die Erfolgschancen eines Impfstoffes. "Wenn er keine weite Verbreitung findet, dann würde er nicht die große Auswirkung haben, die man sich von ihm erhofft. Etwa, dass die Chance auf einen erneuten Ausbruch so gering ist, dass es wieder große Sportveranstaltungen geben kann", so Gates. "Diese Falschinformationen könnten uns irgendwann stark zurückhalten. Aber aktuell sehe ich noch keinen negativen Effekt."
Quelle: New York Post, Fast Company, Yahoo News
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