Obama unterzeichnet Gesetz US-Finanzshowdown - alles nur Theater?

Es waren verrückte Wochen in Washington. Fast hätten sich die USA sehenden Auges ins Verderben gestürzt. Präsident Barack Obama bewahrte in dem Geschacher einen kühlen Kopf.

Am Ende ging alles ganz schnell, die Einigung im großen Washingtoner Finanzdrama erschien plötzlich wie ein Kinderspiel. Wochenlang hatten die Republikaner blockiert, den USA und der Weltwirtschaft die Hölle heiß gemacht. Niemals werde man den Finanzgesetzen zustimmen, ohne das amerikanische Volk von der verhassten Gesundheitsreform zu befreien.

Noch am Mittwochmorgen schienen die USA am Rande des Abgrunds zu stehen, alle Lösungsversuche im Streit um Schulden und Haushalt schienen gescheitert. Und dann, nur Stunden später, der Durchbruch. Inzwischen hat Präsident Barack Obama das Gesetz bereits unterzeichnet, der Finanzkompromiss tritt damit in Kraft. War etwa alles nur Theater? "Es war ein Spaß für uns alle und gut für die TV-Sender", ironisiert David Frum, Kommentator und einst Redenschreiber für den damaligen Präsidenten George W. Bush.

Amerikaner sind Pragmatiker? Das war gestern

Keine Frage: Die politische Klasse in Washington hat in den vergangenen Wochen eine bizarre Aufführung gegeben - samt unterhaltsamen Einlagen wie einer 21-stündigen Dauerrede auf der Senatsbühne. Die "Weltmacht Nummer eins", die größte Volkswirtschaft, ist über Wochen nicht in der Lage, sich auf einen Haushalt zu einigen, droht in die Katastrophe der Zahlungsunfähigkeit zu taumeln. Das mutet an wie "italienische Verhältnisse". Die USA blockierten sich selbst - und die Welt hielt den Atem an.

Amerikaner gelten gemeinhin als Pragmatiker, als Politiker, die Lösungen wollen und denen ideologische Verhärtungen eher fremd sind. Doch das war gestern. Seit der Wahl Barack Obamas 2008 hat sich das politische Klima in Washington drastisch verschlechtert.

Weite Teile der Republikaner betrachten Obamas Wahl als Betriebsunfall, verteufeln den Präsidenten als Sozialisten europäischer Prägung, der den Menschen mehr Staat und höhere Steuern aufzwingen will. Hinzu kommt der Kampf der Republikaner gegen die Gesundheitsreform "Obamacare", der fast schon obsessive Züge trägt.

Tea Party treibt Republikaner an

"Es ist Zeit, dass die Republikaner sich hinter anderen Zielen vereinigen", meinte Mitch McConnell, Oppositionsführer der Republikaner nach der Einigung am Mittwoch im Senat. Der Republikaner, der zum Deal entscheidend beigetragen hatte, legt den Finger in die Wunde.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Republikaner, getrieben von den Fundamentalisten der Tea-Party-Bewegung, in einem Streit um Finanzen in letzter Minute klein beigeben müssen. Schon beim Streit um die Erhöhung des Schuldenlimits im Sommer 2011 mussten sie letztlich beidrehen. Die Frage ist: Lernen sie diesmal aus ihrer Niederlage?

Tragische Figur John Boehner

Tragisch mutet die Rolle von John Boehner, dem republikanischen Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses, an. Er hätte eigentlich zum großen Gegenspieler von Obama werden sollen, doch am Ende gelang es ihm nicht einmal, das eigene Lager zusammenzuhalten.

Ironie der Geschichte: Boehner gilt eher als Moderater, privat ließ er laut Medienberichten sogar auf der Höhe des Streits durchblicken, dass er die USA letztlich nicht in die Zahlungsunfähigkeit treiben würde. Doch Boehner entschied sich, den Radikalen von der Tea Party nachzugeben. Böse Zungen meinen, ihm ging es mehr darum, Stimmen für seine Wiederwahl auf den Chefsessel zu sammeln.

Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als unumwunden seine Niederlage einzugestehen. "Wir haben einen guten Kampf geliefert", räumt Boehner offen ein, "wir haben einfach nicht gewonnen". Es ist höchst selten, dass Politiker sich öffentlich derart zerknirscht äußern. Allerdings ließ Boehner auch trotzig wissen, dass der Kampf gegen "Obamacare" trotz allem weitergehen werde.

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Obama mit hohem Einsatz

Doch auch Obama spielte mit hohem Einsatz. Er hatte von Anfang an klargemacht, dass er nicht einmal zu Verhandlungen über "Obamacare" im Zuge des Finanzstreits breit ist. Sein Argument: Was die Republikaner machen, sei nichts anderes als Erpressung. Wenn er jetzt nachgebe, wäre das ein Präzedenzfall, auch künftige Präsidenten würden darunter leiden.

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Die "Verweigerungsstrategie" hatte durchaus Risiken. Hätte der Kampf länger gedauert, hätten die Republikaner nicht nachgegeben, wäre der Präsident möglicherweise über Nacht als Krisenmanager gefordert gewesen. So aber forderte Obama seine Landsleute erleichtert auf: "Now let's get back to work."