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Rumänien Korruption ist der große Stolperstein

Wenn Rumänien 2007 der Europäischen Union beitritt, geht für die Menschen im Karpatenland der historische Traum in Erfüllung, als Europäer anerkannt zu werden. Außerdem hofft die Bevölkerung auf Reformen - durch Druck aus Brüssel.

Über Jahrhunderte war Rumänien Teil einer geopolitischen Grauzone. Zudem wurde das Selbstbewusstsein der Rumänen durch die brutale Diktatur von Nicolae Ceausescu von 1965 bis 1989 und seine Isolationspolitik nach außen schwer beschädigt. Dies und die im Land weit verbreitete Armut sind die Hauptursachen dafür, dass seit Jahren konstant mehr als 80 Prozent der 21,6 Millionen Rumänen für den EU-Beitritt sind.

Hoffnung auf "Milch und Honig"

Bürgerrechtler und Meinungsmacher hoffen zudem, dass Druck aus Brüssel die Politiker zu Reformen zwingt, die sie aus eigenem Antrieb nicht anpacken würden. Dass die EU-Zugehörigkeit auch Nachteile bringt, und dass der Wohlstand nicht automatisch kommt, sagte als erster Politiker Traian Basescu, der seit Ende 2004 amtierende Staatspräsident. Er warnte vor der Hoffnung, dass von 2007 an "Milch und Honig fließen". Bis es soweit ist, muss Rumänien beweisen, dass es in der Lage ist, die allgegenwärtige Korruption in den Griff zu bekommen. Das Problem steht ganz oben auf der Mängelliste der EU- Kommission.

Das verlangt zunächst eine effizientere Justiz. Seit dem Amtsantritt der liberalen Regierung von Ministerpräsident Calin Popescu-Tariceanu Ende 2004 rollt eine unüberschaubare Lawine von Verhaftungen und Strafverfahren durch das Land. Erdöl-Unternehmer, Provinzpolitiker, Angestellte von Sozialämtern und Ministerien sind wegen Finanz-Manipulationen im Visier der 2002 gegründeten Antikorruptions-Staatsanwaltschaft (PNA.) Die Justiz ist hoffnungslos mit Arbeit überlastet. Jeder Staatsanwalt hat pro Jahr im Schnitt in 204 Fällen zu ermitteln - wohingegen seine Kollegen in Westeuropa jährlich nur 27 Fälle auf dem Schreibtisch hätten, klagte PNA.

Viele suchen ihr Glück im Ausland

Zwar hat in Rumänien vor vier Jahren ein deutlicher Aufschwung begonnen, mit mehr als acht Prozent Wirtschaftswachstum 2004. Viele neue Auslandsinvestoren ließen sich nieder. Doch liegt der Netto-Durchschnittslohn immer noch bei nur 177 Euro. Folglich dürfte es weiterhin viele Rumänen zum Arbeiten ins westliche Ausland ziehen. Das 2002 geschaffene "Amt für die Migration der Arbeitskraft" in Bukarest hat innerhalb von zwei Jahren etwa 100.000 Rumänen für zeitlich befristete Jobs nach Deutschland, Spanien, Ungarn und in die Schweiz vermittelt.

Aufgrund von bilateralen Abkommen arbeiteten sie dort als Krankenpfleger, Waldarbeiter, auf dem Bau und in der Landwirtschaft. Nach offiziellen Angaben schickten sie von ihren Einkünften 274 Millionen Euro nach Hause. Aus Angaben der Banken schließen Beobachter aber auf eine hohe Zahl von Schwarzarbeitern im Westen. 800.000 bis eine Million Rumänen hätten zusammen innerhalb von zwei Jahren 1,5 Milliarden Euro an ihre Familien überwiesen, heißt es. Das im Westen verdiente Geld hat bereits Spuren hinterlassen. 3000 von insgesamt 13.000 Dörfern in Rumänien seien dadurch reicher geworden, berichteten Medien. Im idyllischen Dorf Marginea in der nordrumänischen Bukowina stirbt das traditionelle, berühmte Töpferhandwerk, weil fast alle jungen Leute, etwa die Hälfte der 10.000 Einwohner, im Ausland jobben. Die schmucken neuen Einfamilienhäuser, die viele Gassen in Marginea zieren, wurden von ihrem Geld gebaut.

Kathrin Lauer/DPA DPA

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