Trotz schwächerer Steuereinnahmen als erwartet, will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zusätzliche Milliarden für öffentliche Investitionen ausgeben. Er werde der Koalition für die Haushalte von 2016 bis 2018 "zusätzliche öffentliche Investitionen in der Größenordnung von zehn Milliarden Euro vorschlagen", sagte der Minister am Donnerstag in Berlin. Die Herbst-Steuerschätzung ergab Einnahmeausfälle von knapp 21 Milliarden Euro im Vergleich zu den bisherigen Annahmen.
Schäuble sagte bei der Vorstellung der Prognose, er sehe Spielräume für öffentliche Investitionen. "Wenn wir die nächsten Jahre strikte Ausgabendisziplin halten, dann können wir die zehn Milliarden machen." Geplant ist, die Summe auf die drei Haushalte 2016, 2017 und 2018 zu verteilen. Die Regierung hofft, dass die öffentlichen Ausgaben Privatinvestitionen von insgesamt 50 Milliarden Euro auslösen werden.
Welche Ausgaben konkret getätigt werden sollen, muss noch in der Koalition ausgehandelt werden. Tatsächlich fließen soll das Geld erst ab 2016. Er habe aber die Ankündigung in Absprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schon jetzt gemacht, "damit nicht die allgemeine Depression ausbricht, für die es keinen Anlass gibt", sagte Schäuble.
"Wichtiges Zeichen an die Wirtschaft"
Die Finanzpolitiker der großen Koalition zeigten sich zufrieden. Der SPD-Abgeordnete Carsten Schneider sprach von einem "ersten Schritt", um das Potentialwachstum in Deutschland zu erhöhen. Unionsfraktionsvize Ralph Brinkaus (CDU) wertete die Ankündigung als ein "wichtiges Zeichen an die Wirtschaft und für unsere europäischen Partner". Schäuble selbst betonte, Deutschland leiste mit dem Schritt seinen Beitrag dazu, in der EU insgesamt 300 Milliarden Euro für Investitionen aufzubringen.
Die schwächelnde Konjunktur hinterließ Spuren in der Steuerprognose. Bund, Länder und Gemeinden fehlen demnach in den Jahren bis 2018 voraussichtlich 20,9 Milliarden Euro verglichen mit der Schätzung vom Mai. Während im laufenden Jahr sogar noch mit zusätzlichen Einnahmen zu rechnen ist, bleiben die Steuern ab 2015 unter den Erwartungen.
Der Bund kommt im kommenden Jahr mit einem Minus von 500 Millionen Euro noch glimpflich davon. Schäuble bekräftigte daher das Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts. "Der Bundeshaushalt ohne neue Schulden ab 2015 ist erreichbar", sagte er. "Wir halten, was wir vereinbart und versprochen haben."
Niedrige Zinsen sorgen für Entlastung
Das vergleichsweise geringe Minus bei den Steuereinnahmen für den Bund 2015 ergibt sich laut Schäuble vor allem aus einer um 2,1 Milliarden Euro verringerten EU-Abführung. Für weitere Entlastung sorgen die niedrigen Zinsen.
2016 vergrößert sich die Lücke bei den Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden auf insgesamt 6,9 Milliarden Euro, davon 2,9 Milliarden Euro für den Bund. Für 2017 sagen die Experten ein Minus von insgesamt 4,6 Milliarden Euro voraus und für 2018 von 3,9 Milliarden Euro. Der Bund muss 2017 mit 1,3 Milliarden Euro weniger auskommen, 2018 beträgt das Minus 800 Millionen Euro.
Errechnet wird die Steuerschätzung von einem eigenen Arbeitskreis, dem Vertreter der Bundesregierung, von Ländern und Kommunen, der Bundesbank sowie führender Wirtschaftsforschungsinstitute angehören. Das Gremium hatte seit Dienstag in Wismar über die neue Prognose beraten.