Spartenverkauf VW setzt das Messer an

VW Vorstand Wolfgang Bernhard hat die Arbeiter auf harte Zeiten und starke Veränderungen vorbereitet. Die Schließung von Werken droht. Der Betriebsrat spricht von einem einfallslosen Management.

VW-Vorstand Wolfgang Bernhard hat die Belegschaft des Wolfsburger Autobauers auf "schmerzhafte Veränderungen" eingeschworen. Die westdeutschen Volkswagen-Werke hätten im vergangenen Jahr einen hohen dreistelligen Millionenverlust eingefahren, schrieb Bernhard in der Mitarbeiterzeitung "autogramm". Ein Ausgleich habe für die Marke nur erreicht werden können, weil andere Unternehmensteile dieses Defizit wieder ausgeglichen hätten. "Die Lage ist ernst", begründete Bernhard die Notwendigkeit des am vergangenen Freitag angekündigten Umbauprogramms.

Schließung von Werken möglich

Auch die Schließung einiger Komponentenwerke, die weit von der Wettbewerbsfähigkeit entfernt seien, müsse ins Auge gefasst werden, sagte Bernhard. Eine andere Alternative sei, Partner zu finden, der die Bereiche übernimmt. Diese Ausführungen trafen beim Betriebsrat unmittelbar auf harschen Protest. "Einfach das Tafelsilber zu verscherbeln, hat nichts mit intelligentem Management zu tun. Das kann jeder auf dem Flohmarkt", schrieb der Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh in einem Brief an die Belegschaft.

VW-Chef Bernd Pischetsrieder hatte am Freitag erklärt, ein Verkauf von Werken stehe zurzeit nicht an. Die Komponentenfertigung werde aber neu geordnet. Trotz eines kräftigen Gewinnsprungs hatte Pischetsrieder ein tief greifendes Umstrukturierungsprogramm angekündigt, von dem bis zu 20.000 Mitarbeiter betroffen sein können. Es gehe aber "nicht darum, 20.000 Leute abzubauen", sagte er. Man wolle jedoch die Produktivität an den traditionellen Standorten "auf das internationale Maß bringen". Die angekündigte Sanierung könnte für die Beschäftigten mit drastischen Lohneinbußen verbunden sein. Verschiedene Medien hatten am Wochenende berichtet, bei VW stehe die Rückkehr zur Fünf-Tage-Woche zur Debatte - statt wie bisher 28,8 Stunden an vier Tagen.

"Jeder muss mitmachen"

"Wir alle sind gefordert", betonte Bernhard in dem Extrablatt der Zeitung. VW habe Produktivitätsnachteile von bis zu 50 Prozent gegenüber der Konkurrenz. Und europaweit habe Volkswagen Überkapazitäten von rund 20 Prozent. "Wir müssen jetzt schmerzhafte Veränderungen in Kauf nehmen", sagte Bernhard auf die Frage nach der Perspektive für die Beschäftigten.

Der neue Personalvorstand Horst Neumann kündigte in dem Interview zugleich zügige Verhandlungen mit den Arbeitnehmern an. Noch in dieser Woche wolle der Vorstand dem Betriebsrat Untersuchungen und Wettbewerbsvergleiche vorlegen, um darüber miteinander zu beraten.

"Alle werden betroffen sein. Jeder muss mitmachen, Qualität und Produktivität zu verbessern", sagte Neumann. Neben dem beschlossenen Altersteilzeitprogramm, mit dem bis zu 14.000 Mitarbeiter in den nächsten Jahren in Rente gehen könnten, würden auch alle Möglichkeiten zur Umschulung, Weiterbildung und beruflichen Neuorientierung genutzt.

"Managementfehler dürfen sich nicht wiederholen"

Osterloh betonte in seinem Schreiben noch einmal die Bereitschaft der Beschäftigten, das Unternehmen wettbewerbsfähig zu machen. Zugleich bekräftigte er aber: "Wir sind nicht mehr bereit, für immer neue Managementfehler zu zahlen." Und weiter: "Managementfehler, die uns in diese Situation gebracht haben, dürfen sich weder mit alten noch mit neuen Köpfen wiederholen." Messlatte für die Gespräche werde sein, dass der Vorstand die im Tarifvertrag vereinbarte Standort- und Beschäftigungssicherung ebenso ernst nehme wie der Betriebsrat die Rendite und Wettbewerbsfähigkeit.

Auch Porsche-Chef Wendelin Wiedeking will seinen neuen Sitz im VW- Aufsichtsrat aktiv nutzen und "neue Ideen" zum Abbau der Überkapazitäten bei Europas größtem Autobauer entwickeln. Das sagte Wiedeking der Branchenzeitung "Automobilwoche" am Rande einer Veranstaltung in den Vereinigten Arabischen Emiraten. "Man kann sich gesundschrumpfen oder den Angriff wagen", ergänzte Wiedeking. Er sei optimistisch, "Marktchancen zu finden". Porsche ist nach seinem Einstieg bei VW größter Anteilseigner. Wiedeking soll demnächst in das Kontrollgremium einziehen.

Die VW-Aktie, die bereits am Freitag nach der Bekanntgabe der Sanierungspläne auf den höchsten Stand seit drei Jahren geklettert war, legte am Montag weiter zu. Am Nachmittag gewann das Papier fast fünf Prozent auf 58 Euro und führte damit erneut die Gewinnerliste im Deutschen Aktienindex (Dax) an.

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DPA/AP/Reuters