Steuerskandal des Bayern-Präsidenten Was Uli Hoeneß jetzt droht

Erfolgsmensch, Vorbild - und nun Krimineller? Das Ansehen des Bayern-Denkmals bröckelt gewaltig. Wie geht es jetzt weiter im Fall Hoeneß, und welche Strafe droht dem Bayern-Präsidenten?

Uli Hoeneß ist nicht nur erfolgreicher Wurstfabrikant und Macher des FC Bayern, er gilt in Deutschland als moralische Instanz. Selbst erklärte Gegner schätzten den streitbaren Bayern-Präsidenten bisher als integre und ehrliche Persönlichkeit. Sein soziales Engagement genießt hohe Anerkennung. Umso größer ist nun die Aufregung, dass ausgerechnet der vermeintliche Saubermann Steuern hinterzogen haben soll.

Wie Recherchen des Magazins "Focus" zu Tage brachten, hat sich Hoeneß wegen möglicher Steuerhinterziehung selbst angezeigt. Die Ermittlungen laufen, es geht um Millionensummen - und einen noch größeren Imageschaden. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Fall Hoeneß.

Was wird Hoeneß genau vorgeworfen?

Es geht um Steuerhinterziehung. Hoeneß hat laut seiner Selbstanzeige ein Konto bei einer Schweizer Bank, auf dem Geld liegt, das er in seiner Steuererklärung verschwiegen hat. Dabei geht es laut Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" nicht um die Bankeinlage selbst, dieses Geld habe Hoeneß regulär versteuert. "Verkürzt", wie es im Gesetz heißt, hat er demnach die Kapitalertragssteuer, also die Steuer auf die Zinsen und Dividenden, die ihm aus dem Schweizer Guthaben zuflossen. Das wäre strafbare Steuerhinterziehung.

Laut den Recherchen waren die Kapitalerträge von Hoeneß beträchtlich – er soll zusammen mit seiner Steueranzeige einen Abschlag von drei Millionen Euro auf seine Steuerschuld gezahlt haben. Das legt nahe, dass die verschwiegenen Zins- und Dividendeneinnahmen bei rund sechs Millionen Euro gelegen haben könnten. Der Gewinn soll aus Börsenspekulationen stammen, die Hoeneß mithilfe eines Darlehens des verstorbenen Ex-Chefs von Adidas, Robert Louis-Dreyfus, finanziert hat.

Was sagt der Bayern-Präsident dazu?

Hoeneß bestätigte dem Magazin "Focus", dass er "im Januar 2013 über meinen Steuerberater beim Finanzamt eine Selbstanzeige eingereicht" habe. Dies hänge "mit einem Konto von mir in der Schweiz zusammen". Er arbeite nun "in vollem Umfang" bei der Prüfung der Behörden mit. Zur Sache äußert sich Hoeneß derzeit weiter nicht: "Sie können sich vorstellen, dass mir vieles auf der Zunge liegt, aber ich muss erst mit den Behörden meine Hausaufgaben machen", sagte Hoeneß der "Süddeutschen Zeitung".

Statt selbst öffentlich für Aufklärung zu sorgen, will Hoeneß nach eigenen Worten einige Wochen ins Land ziehen lassen, ehe er sich äußere. Stattdessen schießt er gegen einige Medien, deren Berichterstattungen er als "Exzesse" bezeichnete gegen die er sich anwaltschaftlich zur Wehr setzen werde. Für eine Münchener Zeitung werde es "richtig teuer", drohte der Bayern-Präsident.

Warum hat er sich selbst angezeigt?

Traditionell verspricht die Justiz Steuerstraftätern, die sich selbst anzeigen, Straffreiheit. Hoeneß sah also eine Chance, einer schweren Strafe zu entgehen, indem er "reinen Tisch" machte. Allerdings haben Gerichte und Gesetzgeber die Bedingungen für die Straffreiheit in den vergangenen Jahren stark eingeschränkt. Ohne Strafe davon kommt nach dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz aus dem Jahre 2011 nur, wer alle seine nicht verjährten und bislang verschwiegenen Steuerschulden freiwillig aufdeckt – nicht nur den Teil, bei dem er gerade aufzufliegen fürchtet.

Zum zweiten dürfen die Steuerfahnder noch keine Anhaltspunkte für die Steuerschuld haben: Sollten sich zum Beispiel die Daten des Steuerschuldners bereits auf einer der CDs mit Bankkundendaten befinden, die Ermittlungsbehörden aus der Schweiz und anderen Ländern erhalten, kann der Betreffende nicht mehr auf Straffreiheit pochen, selbst wenn die Ermittler die CD noch nicht ganz ausgewertet haben.

Hoeneß selbst lässt einen Grund für den Zeitpunkt seiner Selbstanzeige Anfang des Jahres durchblicken: Er habe auf das Steuerabkommen mit der Schweiz gehofft. Dieses Abkommen hätte es deutschen Anlegern in der Schweiz möglich gemacht, ihr dortiges Schwarzgeld diskret legal zu machen – in dem sie einen Steuerabschlag zahlten, der ihnen auch noch einen satten Rabatt auf die Einkommenssteuersätze im Inland eingebracht hätte. Der Satz hätte zwischen 21 und 41 Prozent gelegen.

Ein weiterer Vorteil: Bei diesem Verfahren hätte sich der Steuerstraftäter dem deutschen Fiskus gegenüber nicht offenbaren müssen. Die Sache hätte er diskret mit seiner Schweizer Bank regeln können. Doch SPD und Grüne fanden die Regeln des Abkommens ungerecht und blockierten es im Bundesrat. So muss Hoeneß Ende vergangenen Jahres klar geworden sein, dass dieser bequeme Weg zur Legalisierung seiner Millionen ausfällt.

Diskret verläuft allerdings normalerweise auch die Selbstanzeige. Dass etwas nach außen dringt, kommt sehr selten vor. Bei der Summe, um die es geht, könnte Hoeneß zwar nicht mehr völlige Straffreiheit erwarten – das verspricht der Gesetzgeber nur Selbstanzeigern mit einer Steuerschuld bis 50.000 Euro. Aber darüber hinaus lockt die Einstellung des Verfahrens – wenn der Steuerschuldner zusätzlich fünf Prozent der hinterzogenen Summe als Buße zahlt.

Welche Strafe droht ihm?

Die Strafandrohung für Steuerhinterziehung ist drastisch: Bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe - in besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahre - legt das Gesetz fest. 2012 fügte der Bundesgerichtshof eine strengere Auslegung hinzu: Wer mehr als eine Millionen Euro hinterzieht, kommt demnach nicht mehr mit einer Bewährungsstrafe davon. Er muss also in jedem Fall ins Gefängnis. Gemessen daran ist der ehemalige Postchef Klaus Zumwinkel 2009 noch glimpflich davongekommen: Er erhielt eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.

Hoeneß kann um die Haftstrafe herumkommen, wenn seine Selbstanzeige korrekt ist. Wenn er also tatsächlich sämtliche verschwiegenen Steuerschulden angegeben hat und wenn die Behörden noch nichts von seinem Schweizer Konto wussten. Dann bliebe Hoeneß trotz der Steuersache ein (zumindest juristisch) unbescholtener Mann.

Was sind die Konsequenzen für den FC Bayern?

Der FC Bayern kann in der Vorbereitung auf das Champions League-Halbfinale gegen Barcelona am Dienstag die Unruhe um Hoeneß überhaupt nicht gebrauchen. Trainer Jupp Heynckes sagte zwar, es handle sich um eine Privatangelegenheit des Präsidenten und nach derzeitigem Ermittlungsstand ist das wohl auch so. Dennoch dürfte der Skandal um die Identifikationsfigur des Clubs die Konzentration auf das wichtige Spiel zumindest nicht fördern.

Die Diskussion, ob Hoeneß weiter Präsident des Vereins und Aufsichtsratschef der Bayern-AG sein kann, ist eröffnet. Die große Mehrheit der stern.de-Leser hält ihn laut unserer Abstimmung für nicht mehr tragbar. Hoeneß selbst schließt einen Rücktritt derzeit aus, wie er der "Sport Bild Plus" sagte. Am Dienstag will er an seinem angestammten Platz auf der Tribüne der Allianz-Arena sitzen. 2009 war Hoeneß vom Posten des Managers auf den Präsidentenstuhl gewechselt, sodass ein Rücktritt keine direkten Folgen im sportlichen Tagesgeschäft hätte.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt nun. Wie lange das Verfahren dauern wird, konnte Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich am Montag nicht sagen. "Es müssen viele Dinge geprüft werden", sagte Heidenreich. Die Ermittler werden nun prüfen müssen: Hat Hoeneß tatsächlich alles angegeben? Und gab es schon Informationen über sein Schweizer Konto in der Hand der Behörden? Würde letzteres zutreffen, hätte die Selbstanzeige keine strafmildernde Wirkung. Unabhängig vom Ausmaß des strafrechtlichen Vergehens: Die moralische Diskussion um Uli Hoeneß nimmt gerade erst Fahrt auf.

mit Agenturmaterial