Zoll-Bilanz Kokain im Märchenbuch

Täglich versuchen Reisende Drogen, Tiere und Souvenirs ins Land zu schmuggeln. Durch Zoll und Steuern verbuchte das Zollamt Frankfurt 2004 Einnahmen von über 1,75 Milliarden Euro.

Sechs Märchenbücher hatte der Mann aus Guatemala im Gepäck: Der 26-Jährige landete im Oktober 2004 mit einem Flugzeug aus Venezuela kommend auf dem Frankfurter Flughafen. Doch sein Interesse galt weniger den Geschichten aus 1.001 Nacht: Die Bücher waren mit einer Lösung aus Heroin und Kokain getränkt. Daraus konnten im Labor rund 500 Gramm Heroin und 300 Gramm Kokain gewonnen werden. Der Mann wurde noch am Flughafen festgenommen.

Insgesamt griffen die Zollbeamten im vorigen Jahr bei der Suche nach Drogen am Frankfurter Airport 956 Mal zu. Dabei wurden 837 Kilogramm Rauschgift beschlagnahmt - überwiegend aus Kolumbien, Brasilien, Venezuela, Indien, Argentinien und den Niederlanden, wie das Zollamt in einer Bilanz am Dienstag mitteilte.

Kokain im Gleitschirm

Weiterhin stellten die Beamten 17.467 artgeschützte Tiere, Pflanzen und Erzeugnisse sowie 821.582 gefälschte Markenartikel im Gesamtwert von 11,7 Millionen Euro sicher. 2003 waren dies noch lediglich 3,1 Millionen Euro. „Es gibt immer mehr Fälscher, die erkennen, dass man beim Verkauf von Billigartikeln zum Preis von Markenartikeln hohe Gewinnspannen erzielen kann“, erklärte der Sprecher der Oberfinanzdirektion Frankfurt, Gero Heimroth.

Besonderen Spürsinn bewiesen die Ermittler auch bei einem Brasilianer, der ein Kilo Kokain im Sitz eines Gleitschirms versteckt hatte. Außerdem stellten die Zollbeamte 50 so genannte Schlucker - Rauschgiftkuriere, die ihren Magen-Darm-Trakt als Schmuggelversteck benutzen. Die größte von einem Drogenschlucker transportierte Menge betrug 1,4 Kilogramm Kokain.

Pfeilgiftfrösche in Kunststoffbehältern

Bei der Bekämpfung von Verstößen gegen das Artenschutzrecht griff der Zoll im vergangenen Jahr 504 Mal zu: 4426 Pflanzen und 9842 lebende Tiere wurden am Flughafen sichergestellt. Darunter war auch eine Grüne Meerkatze. Der gestresste und verängstigte kleine Affe wurde von einem deutschen Ehepaar aus dem kenianischen Mombasa mitgebracht. Ein Urlaubsmitbringsel, das sich nun in einem Zoo in Norddeutschland befindet.

Ein Tourist aus Peru versuchte, 127 Pfeilgiftfrösche zu schmuggeln. Gehandelt werden die nur wenige Zentimeter großen Tiere für 40 bis 80 Euro pro Exemplar. Versteckt waren sie in zwei Kunststoffbehältern, jeweils so groß wie eine Videokassette.

Zebra- und Bärenfelle im Reisegepäck

Sichergestellt wurden auch typische „Souvenirs“: Taschen, Schuhe und Gürtel aus Krokodil- und Schlangenleder, Bärenfelle, Zebrafelle, Korallen, Riesenmuscheln, Schmuck und Schnitzereien aus Elfenbein, in Alkohol eingelegte Kobras sowie Orchideen und Kakteen. Herkunftsgebiete der Schmuggelware waren hauptsächlich Mittel- und Südamerika, Afrika, Thailand, Indonesien und die Philippinen.

Weiterhin stellten die Zollbeamten von Produktpiraten gefälschte Ware sicher. Dabei handelte es sich überwiegend um Sport- und Freizeitbekleidung, Schuhe, Schmuck, MP3-Player, Fanartikel und Videospiele, meist hergestellt in China, Thailand, Südkorea, Türkei, Hongkong und Indonesien.

Zoll und Einfuhrumsatzsteuer umgehen

Darüber hinaus versuchten Reisende oft, Notebooks, Digitalkameras, Camcorder und Armbanduhren aus Staaten außerhalb der Europäischen Union einzuführen, ohne dafür Zoll und Einfuhrumsatzsteuer zu bezahlen. Durch Zoll und Steuern verbuchte das Zollamt am Frankfurter Flughafen Einnahmen von über 1,75 Milliarden Euro.

Jörgen Linker/AP