Verkehr Diese Straße kostet Geld

Die erste mautpflichtige Straße Deutschlands ist freigegeben - sie führt durch einen Tunnel unter der Warnow in Rostock. Die privaten Investitionen werden nun durch das Geld der Autofahrer wieder reinkommen.

Nach fast vierjähriger Bauzeit wird in Rostock Deutschlands erste privat finanzierte und damit mautpflichtige Straße für den Verkehr frei gegeben. Der 790 Meter lange Tunnel unter der Warnow soll die Innenstadt vom Durchgangsverkehr entlasten und den Überseehafen am Ostufer des Flusses besser anbinden. 20.000 bis 25.000 Fahrzeuge werden Prognosen zufolge die feste Warnowquerung täglich nutzen. Mit der Maut - im Durchschnitt zwei Euro pro Auto - will die Warnowquerung GmbH & Co.KG (WQG) in den nächsten 30 Jahren die Investitionskosten von rund 220 Millionen Euro refinanzieren und auch Gewinne machen. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) wird den Tunnel am Freitag (12.9.) eröffnen.

Den Löwenanteil der Investitionssumme schossen mit fast 70 Prozent die Banken vor. Mit 20 Prozent sind die WQG-Gesellschafter, die australische ETI Macquarie und der französische Bau-Gigant Bouygues Travaux Publics SA, im Boot. Den Rest der Kosten teilten sich Bund, EU und die Stadt Rostock.

Zeit sparende Alternative für Berliner See-Touristen

Vor allem für Berliner, die über die Autobahn 19 ins Ostseebad Warnemünde wollen, bietet sich der Tunnel als Zeit sparende Alternative zu der bisherigen Stadtdurchfahrt an. Durch die Querung soll auch Rostocks Stadthafen - bislang von der vierspurigen, stark befahrenen B 105 regelrecht vom Zentrum abgeschnitten - stärker in die Stadtplanung integriert werden.

Der Tunnel verbindet den Überseehafen mit der neuen Hanse-Messe und den einwohnerstarken Plattenbaugebieten auf der Westseite. Seit Beginn der Bauarbeiten wurde eine Fahrrinne von elf Metern Tiefe geschaffen. Für den Tunnel wurden sechs jeweils 120 Meter lange und 22.000 Tonnen schwere Betonelemente gefertigt und mit Satellitenüberwachung millimetergenau versenkt. Die Autos dürfen mit Maximalgeschwindigkeit von 80 Stundenkilometern unter der Warnow hindurch fahren.

Verkehrsministerium setzt verstärkt auf privates Kapital

Das Bundesverkehrsministerium setzt beim Bau und Ausbau von Autobahnen, Tunnels und Brücken verstärkt auf privates Kapital. "Mit öffentlichen Mitteln ist der Investitionsbedarf in der Verkehrsinfrastruktur nicht mehr allein und nicht so schnell zu realisieren", sagte Verkehrsstaatssekretär Ralf Nagel am Dienstag der dpa in Rostock. Vor allem bei der Mischfinanzierung im Autobahnbau sei ein Schub zu erwarten. Derzeit laufen Studien für zwölf Projekte, für die in absehbarer Zeit eine Ausschreibung geplant ist.

Der Hauptvorteil der privat-öffentlichen Mischfinanzierung bei Autobahnen liegt nach Worten Nagels in der Zeitersparnis: "Privates Kapital steht zusätzlich zur Verfügung, wodurch Projekte vorzeitig realisiert werden können." Die Unternehmen refinanzieren sich aus einem Teil der Lkw-Maut. Die Projekte müssten sorgfältig ausgewählt, die Risiken fair verteilt werden. Nicht jedes Vorhaben eigne sich für eine private Beteiligung. "Es gibt auch Projekte, die nicht genug Rendite abwerfen und die trotzdem gemacht werden müssen."

Derzeit neun Vorhaben

Nach Angaben Nagels gibt es derzeit neun Vorhaben mit einem Investitionsvolumen von 2,8 Milliarden Euro, die fast ausschließlich privat finanziert werden. "Neue Projekte sind derzeit nicht konkret in Aussicht, künftig aber auch nicht ausgeschlossen." Bei diesen Modellen ist der Konzessionsnehmer für Bau, Betrieb und Erhalt der Tunnels, Brücken oder Gebirgspässe zuständig. Kostendeckung und Gewinn resultieren aus einer staatlich festgesetzten öffentlich- rechtlichen Benutzergebühr (Maut).

Das Verkehrsministerium prüfe derzeit aber, inwieweit die öffentlich-rechtliche Gebühr den Anforderungen der Refinanzierung gerecht wird. Im November sollen dazu Ergebnisse vorliegen. "Wenn sich herausstellt, dass ein privatrechtliches Entgelt die bessere und flexiblere Variante sein sollte, verschließen wir uns dieser Sache nicht", betonte Nagel. "Da sind wir völlig unideologisch, denn es geht schlicht um die Frage, was ist praktikabler."

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