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Berufsunfähigkeit und Krankenversicherung Keine Versicherung wegen Corona-Infektion: Haben auch Genesene ein Problem?

Corona
Die Langzeitfolgen von Covid-Erkrankungen sind noch relativ unbekannt
© Ivan Pantic / Getty Images
Wer eine Corona-Infektion überstanden hat, muss das bei Versicherungen als Vorerkrankung angeben. Das kann beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung oder privaten Krankenversicherung zu Problemen führen.

Nina ist 26 Jahre alt und arbeitet für ein Tech-Start-up in Berlin. Ihr erster richtig großer Job. Als sie ihn im vergangenen Sommer antrat, nutzte sie die Gelegenheit, auch ihre private finanzielle Absicherung zu klären. Ein Freund, der für einen Finanzvertrieb arbeitet, sollte Angebote für Altersvorsorge und Versicherungen einholen. Auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU), wie viele Experten sie jungen Berufseinsteigern empfehlen, stand auf der Liste.

Doch kurz darauf meldete sich der Freund zerknirscht zurück: Eine Police gegen Berufsunfähigkeit könne er ihr leider nicht anbieten. Die Versicherer wollten sie als Kundin nicht. Der Grund: Ninas kürzliche Erkrankung mit Covid-19.

Ein halbes Jahr zuvor, im März, hatte sich Nina als eine der ersten in Deutschland mit dem Coronavirus infiziert. "Drei Tage habe ich flach gelegen und mich schlecht gefühlt", erinnert sie sich. Danach ging es wieder. Nur der Geschmacks- und Geruchssinn blieb noch ein paar Monate weg, kam dann aber auch zurück. "Dass ich deswegen keine Berufsunfähigkeitsversicherung bekommen sollte, hat mich sehr überrascht", sagt Nina. "Ich fühle mich vollkommen gesund." 

Covid-19 als Vorerkrankung angeben

Den Versicherern aber war das Risiko möglicher Langzeitschäden offenbar zu hoch. Ein Einzelfall? Oder Ausdruck einer generellen Unsicherheit, wie Versicherer mit der neuartigen Krankheit umgehen und diese in ihre Risikomodelle einpreisen wollen?

Das fragt man sich derzeit auch beim Bund der Versicherten, der als Verbraucherschutzorganisation rund 45.000 Versicherte vertritt. "Wir haben bislang noch keine solchen Rückmeldungen von Versicherten", sagt BdV-Sprecherin Bianca Boss. Das heiße aber nicht, dass diese nicht vielleicht noch kommen. Derzeit herrsche bei dem Thema große Unsicherheit. 

Schwierigkeiten seien nicht nur beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung denkbar, sondern auch bei einer privaten Krankenversicherung, Krankenzusatzversicherung oder Risikolebensversicherung, sagt Boss. In jedem Fall müsse eine festgestellte Covid-Erkrankung, wie jede andere Vorerkrankung, bei der Antragstellung angegeben werden. Was der Versicherer dann mit der Information anfängt, ist seine Sache. 

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Versicherer wollen Krankheitsverlauf wissen

Eine Anfrage des Spiegel bei mehreren großen privaten Krankenversicherern ergab, dass diese sich den Krankheitsverlauf bei Covid-Patienten sehr genau ansehen, bevor sie diese versichern. Sie wollen wissen, wie schwer der Antragsteller erkrankt war und ob er noch Beschwerden hat. Ein Anbieter verlangt sogar einen PCR-Test und einen Lungenfunktionstest. Welche Fälle ohne Probleme versichert werden, wer Risikoaufschläge zahlen muss und wer ganz abgelehnt wird, ist derzeit noch nicht zu überblicken. Klar ist nur: Wer akut erkrankt ist, dessen Antrag wird in der Regel erst einmal zurückgestellt.

Der Bund der Versicherten empfiehlt Verbrauchern – insbesondere solchen, die unsicher sind, wie ihr Fall liegt – vor einem offiziellen Antrag zunächst eine anonymisierte Risikovoranfrage über einen Versicherungsberater zu stellen. Denn wer persönlich bei der Versicherung anfragt, läuft Gefahr nicht nur von dem speziellen Anbieter abgelehnt zu werden, sondern gleich komplett auf der schwarzen Liste zu landen. Die Versicherer tauschen nämlich Informationen über Risiko-Kunden über eine zentrale Datenbank aus.

Nina aus Berlin hat sich über die überraschende Absage ihrer Versicherungsanfrage nicht lange geärgert. "Ich bin sowieso zu dem Schluss gekommen, dass ich keine Berufsunfähigkeitsversicherung brauche", sagt die Covid-Genesene. "Daher habe ich das Thema auf sich beruhen lassen."

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