Einer der vielen Vorzüge als Diktator ist es, sich jeden noch so abwegigen Kindertraum erfüllen zu können. Wenn einem das Wetter nicht passt, geigt man den Meteorologen halt mal richtig die Meinung - danach werden sich Wind und Sturm zweimal überlegen, ob sie weiter Unwetter verbreiten. Kim Jong Uns Ansprache neulich beim staatlichen Wetterdienst jedenfalls scheint geholfen zu haben: Kaum ein Wölkchen trübte seinen kleinen U-Boot-Ausflug an der Ostküste Nordkoreas - der "geliebte Führer" als Alleinherrscher Kapitän auf großer Fahrt.
Wie angegossen sitzt die U-Boot-Luke, Volk und Maschine gehorchen dem jungen Kim aufs Wort. Wie einst bei den Kinderhelden Wolf Larson (Seewolf) oder Kapitän Ahab (Moby Dick), ausgewiesene Menschenschinder und Unsympathen, diesbezüglich dem nordkoreanischen Führer möglicherweise sogar nicht unähnlich. Der Posten des Kapitäns als uneingeschränkter Chef (nicht umsonst gibt es die Redewendung "der Schiffer direkt nach Gott") ist die idealtypische Pose für jeden Alleinherrscher.
Wie so oft versteht es die staatliche Nachrichtenagentur KCNA, die diese Bilderserie von Kim Jong Uns Flotteninspektion veröffentlicht hat, die eigentliche Botschaft am Rande zu vermitteln. In diesem Fall lautet sie: Bei der Armee gibt es genug zu futtern. Von den Geflügelmassen links können viele Nordkoreaner nur träumen. Das ohnehin notorisch unterversorgte Volk muss seit einiger Zeit auch noch mit den Folgen einer Dürre klarkommen, die die karge Ernte weiter dezimiert hat.
Kim zeigt, wo es lang geht und raucht eine Konzentrationszigarette. Für westliche Augen muten Fotografien mit rauchenden Staatsmännern mittlerweile eher befremdlich an (außer bei dem Motiv handelt sich um Helmut Schmidt). Doch in Nordkorea ticken die Uhren anders. Eigentlich sieht man den "geliebten Führer" seit seiner Machtübernahme auf vielen Bildern nur qualmend wo er geht und steht.
"Rauche und herrsche" scheint zum Leitmotiv des jungen Diktators geworden zu sein: Während Kim Ansagen macht, die von den Untergebenen fleißig mitnotiert werden, glimmt in seiner rechten Hand stets ein Kippchen vor sich hin, wie hier beim Besuch der Einheit 863 der nordkoranischen Armee.
Vielleicht dient das viele Nikotin aber auch nur zu Nervenberuhigung. Denn besonders gut in Schuss scheint das U-Boot 748 der nordkoreanischen Marine nicht zu sein. Überall Rost, einige Stellen scheinen notdürftig geflickt zu sein - wenn dieses Schiff das repräsentativste der Flotte ist, will man vielleicht gar nicht so genau wissen, wie die anderen aussehen. Die nordkoreanische Armee ist mit rund einer Million Soldaten zwar eine der größten der Welt, doch der Zustand von Mensch und Maschine gilt unter westlichen Beobachtern schon länger als äußerst marode. Lässt sich nur hoffen, dass die sechs bis acht Atombomben besser in Schuss sind.