Das Bundeskartellamt lehnt das Vermarktungsmodell der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zur Übertragung von Bundesliga-Spielen weiterhin ab. Auch das geänderte Modell genüge nicht den kartellrechtlichen Anforderungen, teilte die Behörde am Donnerstag in Bonn mit.
Sollte die Liga an ihren Plänen festhalten, würde das Amt nach eigenen Angaben das Vorhaben förmlich ablehnen, weil es Fernsehzuschauer nicht angemessen beteiligt sieht. Hintergrund der Auseinandersetzung ist die Ausstrahlung von Höhepunkten der Fußball-Bundesliga samstags vor 20.00 Uhr im frei empfangbaren Fernsehen.
Die DFL will Pay-TV-Sendern mehr Exklusivität einräumen und damit einen höheren Preis für die Übertragung der Spiele erzielen. Würden die Bundesliga-Spiele nicht wie bisher in Höhepunkten vor 20.00 Uhr in der ARD-"Sportschau" gesendet, gäbe es für Fußball-Fans mehr Anreize, einen Bezahlsender zu abonnieren. Bereits vor der Entscheidung warnten die DFL und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) vor finanziellen und sportlichen Nachteilen für den deutschen Fußball.
Die Clubs befürchten nach eigenem Bekunden, dass sie sich wegen fehlender Einnahmen keine Superstars mehr leisten können. Solange der Konflikt andauert, kann die DFL nicht mit der Ausschreibung der TV-Rechte-Vermarktung für die Spielzeiten 2009 bis 2015 beginnen. Für ein exklusiveres Paket als bisher hat der DFL-Vermarktungspartner Sirius aus dem Umfeld des Medienunternehmers Leo Kirch drei Milliarden Euro geboten.
Der jetzt gefährdete Vertrag zwischen Kirch und der Liga würde allein dem DFB nach eigenen Angaben drei Millionen Euro mehr pro Saison bringen. Welche Auswirkungen die Entscheidung auf die Einnahmen der Clubs hat, ist noch unklar. Pro Saison erwirtschaften sie 420 Millionen Euro.
Die beiden deutschen Topclubs Bayern München und Werder Bremen haben am Donnerstagnachmittag unterdessen mit Unmut auf die Entschdeidung des Bundeskartellamts reagiert.
Manfred Müller, Geschäftsführer von Werder Bremen und Mitglied im DFL-Aufsichtsrat meinte: "Das ist ein Schlag gegen die Finanzierung der DFL. Die zentrale Vermarktung mit Fernsehzeiten zu verbinden, halte ich für unmöglich und unverständlich." Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzender der Bayern, sagte: "Das ist ein Schlag ins Kontor für den deutschen Profifußball. Ich weiß nicht, ob die Herren wissen, wie der Fußball tickt und welche negativen Folgen das haben wird. Ich habe das Gefühl, dass uns die Politik immer höhere Hürden in den Weg stellt. Ich weiß nicht, wie wir international wettbewerbsfähig sein wollen und sehe große Probleme auf uns zukommen."
Die weiteren Reaktionen auf das Urteil:
Felix Magath (Trainer VfL Wolfsburg):
"Die Entscheidung kann schon Auswirkungen haben und den Wettbewerb beeinflussen. Wenn wir uns mit anderen Verbänden messen wollen, dann müssen wir sehen, dass dort viel mehr Geld durch Fernsehen eingenommen wird. So haben wir klare Nachteile in Deutschland und dürfen so nicht böse sein, dass wir international nicht so gut dastehen wie beispielsweise die englischen Vereine."
Hans-Joachim Watzke (Geschäftsführer Borussia Dortmund):
"Das ist kein guter Tag für den deutschen Fußball. Das Kartellamt entscheidet über Dinge und schiebt quasi eine Rechtfertigung nach. Das finde ich persönlich schlecht. Die Politik lässt den Fußball im Stich. Wir haben durch die Zentralvermarktung immer den Solidargedanken gepflegt, und jetzt könnte es sein, dass sie kaputtgeht. Wenn nun deutlich weniger Geld käme, können sich die Clubs von internationalen Ambitionen verabschieden."
Steffen Heidrich (Manager Energie Cottbus):
"Das ist alles andere als schön für uns. Man weiß nicht, was wird. Ich fand den Vertrag mit Kirch sehr vernünftig. Man hatte Klarheit und Planungssicherheit, die gibt es jetzt nicht mehr. Wir leben größtenteils vom Fernsehgeld. Andere können das auffangen, wenn etwas wegfällt. Für uns ist es doppelt schwer, das Geld reinzuholen."
Theo Zwanziger (DFB-Präsident):
"Durch die Entscheidung des Kartellamtes werden die Vermarktungschancen der Liga für einen angemessenen Preis beeinträchtigt. Dies wird zwangsläufig Auswirkungen auf die Nachwuchsförderung und viele gemeinnützige Aufgabenstellungen haben. Ob wir auf einer solchen Grundlage ähnliche Erfolge wie den Einzug unserer U 19-Mannschaft ins Endspiel der Europameisterschaft am Samstag halten können, scheint mir sehr zweifelhaft."
Reinhard Rauball (Liga-Präsident):
"Diese Position ist unverständlich und könnte den deutschen Profifußball um Jahre zurückwerfen. Keine andere Liga in Europa wird von Amtsseite derart in ihren Vermarktungsmöglichkeiten beschränkt. Der Bundesliga drohen massive Einnahmeverluste, wir würden es künftig noch schwerer haben, international mitzuhalten. Fakt ist: Es ist nicht etwa der neue Partner oder das neue Vermarktungsmodell mit eigenem Sender gescheitert, hier wird etwas verboten, was in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich praktiziert wurde."
Marc-Jan Eumann (Vorsitzender SPD-Medienkommission):
"Das ist ein guter Tag für den Fußball. Mit der heutigen Entscheidung des Kartellamtes ist auch in den nächsten Jahren sichergestellt, dass Kinder, Jugendliche und Familien zu einer zuschauerfreundlichen Zeit gemeinsam die Bundesliga im Free-TV erleben können. Denn Kinderträume und -idole dürfen nicht verschlüsselt werden."
Monika Piel (WDR-Intendantin):
"Das ist ein guter Tag, das ist ein Glückstag für alle Fußballfans."
Wolfgang Holzhäuser (Geschäftsführer Bayer 04 Leverkusen):
"Zunächst ist festzuhalten, dass die Zentralvermarktung grundsätzlich gestattet ist. Das ist positiv. Zum anderen hat das Kartellamt zur Bedingung gemacht, dass die Berichterstattung bis 20.00 Uhr abgeschlossen sein muss. Das ist unverständlich, weil man dem Verhandlungsführer damit Handschellen anlegt. Man hätte erst das Verhandlungsergebnis abwarten und dann die Diskussion aufnehmen können. Grundsätzlich ist dieses Problem dazu da, es zu lösen. Wir werden irgendwann auch damit fertigwerden müssen. Aber es ist richtig, wenn Herr Watzke sagt, das sei kein guter Tag für den deutschen Fußball."