Steuerprozess Hoeneß Haltung, in letzter Sekunde

Es ist ein letzter Kampf um Respekt: Hoeneß verzichtet auf Revision, akzeptiert die Haft und tritt von allen Ämtern beim FC-Bayern zurück. Er hatte auch keine andere Wahl mehr.

Fußballer kennen das. Eine Niederlage ist eine Niederlage ist eine Niederlage. Danach müssen die Gefühle raus: Wut, Geschrei, Tränen. Aber das muss es dann auch gewesen sein. Wer zu lange jammert, macht sich lächerlich. Und verpasst die Chance, aus dem Scheitern zu lernen - um beim nächsten Spiel souveräner aufzutreten.

Niederlagen sind unerträglich. Sie sind nur mit Haltung und Klugheit zu ertragen.

Uli Hoeneß hat sich darauf erst sehr, sehr spät besonnen. Seine Anwälte hatten schon Revision eingereicht. "Nach Gesprächen mit meiner Familie", wie Hoeneß in seiner Erklärung schreibt, hat er sich anders entschieden. Erst dann scheint ihm klar geworden zu sein, dass er nichts mehr zu gewinnen hat. Schon einmal war die Familie klüger als er selbst. Als er in der "Zeit" gefragt wurde, ob seine Spielsucht krankhaft sei, verneinte Hoeneß. Sein Sohn Florian sagte, "dass die Familie dies ein bisschen anders sieht".

Nun hat Hoeneß das Urteil aus seinem Steuerstrafverfahren akzeptiert. Und alle Ämter beim FC Bayern abgeben. Hoeneß fährt ein, ein Fußballheld im Knast. Er verlangt dafür Respekt. Weil er die Kraft hatte, sich dem Unvermeidlichen zu stellen.

Keine Alternative

Allein - was wäre die Alternative gewesen? Sein Verein drängt ihn aus seinen Posten, weil die Sponsoren drohen abzuspringen. Die Revision zieht sich hin, über Monate, vielleicht Jahre. Hoeneß mutiert zu einem Zombie. Niemand aus seinem Dunstkreis kann sich richtig distanzieren, niemand kann sich richtig solidarisieren. Es wird einsam um ihn. Und mit der sinnlosen juristischen Gegenwehr verspielt er den letzten Respekt. Wieder einer, der es nicht verstehen will.

Hoeneß sagt mit seinem Rücktritt: Ja, ich habe verstanden. Er beweist Haltung, in letzter Sekunde. Der Verein hatte schon angekündigt, sich zu Hoeneß' Zukunft erklären zu wollen. Das ist nun nicht mehr nötig.

Zocken keine Option

In letzter Sekunde. Die Selbstanzeige hatte Hoeneß in letzter Sekunde gestellt. Der stern war ihm bereits auf den Fersen. Die noch fehlenden Unterlagen reichte Hoeneß ein paar Tage vor Prozessbeginn ein, in letzter Sekunde. Das Geständnis, nicht nur 3,5 sondern sehr viel mehr Millionen Steuern hinterzogen zu haben, legte Hoeneß in letzter Sekunde ab. Das Verfahren lief bereits. Nun akzeptiert er die Strafe - in letzter Sekunde.

Das ist nicht das Verhaltensmuster eines Überzeugten. Der lässt sich alle Zeit der Welt, weil er glaubt, das Recht sei auf seiner Seite. Das ist das Verhaltensmuster eines Mannes, der wägt und kalkuliert, der sich gerne Optionen offen lässt und auch dem Zufall eine Chance gibt. Es ist der Typus des Spielers. Vielleicht hat Hoeneß erst gestern Nacht eingesehen, dass Zocken keine Option mehr ist. Wenn es so war, hat das vor allem seine Familie verdient: Respekt.

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