Spätestens seit dem Bürgerentscheid von Paris ist auch in die Deutschland eine aufgeheizte Debatte über den Parkraum entbrannt. Sollten schwere Autos, vorzugsweise SUVs, aber auch Jeeps und manche überdimensionierten Kombis, mehr für das Parken in Innenstädten zahlen? Die Pariser haben dazu "Ja" gesagt, und auch in einigen deutschen Städten wie etwa Tübingen gilt eine am Leergewicht des Fahrzeugs orientierte Parkregelung.
Klingt zunächst einmal schlüssig, vor allem kann man auf diese Weise den vielerorts verhassten SUV-Fahrern einen mitgeben. Doch über was man meiner Meinung nach an dieser Stelle lieber mal reden sollte sind jene anderen Kaliber, die spätestens seit Corona den Parkraum in den Großstädten blockieren – und das oft dauerhaft. Gemeint sind Wohnmobile, die ganzen Surf-Mobile, also umgebaute Transporter, Wohnwagen und Anhänger.
Das nimmt inzwischen Ausmaße an, bei denen sich eine entsprechende Debatte wohl tatsächlich lohnen würde.
Geh mir aus der Sonne!
Ich werde es nie vergessen: Hamburg, Eimsbüttel. Mitten der Stadt. Ich wache morgens auf und ziehe den Vorhang meines Schlafzimmerfensters beiseite. Doch es wird nicht heller. Komisch – es ist doch schon sieben Uhr, und es ist Frühling. Sonne, wo bist du? Gefunden habe ich sie hinter dem gigantischen, alten, unansehnlichen Wohnmobil, welches sich über Nacht vor meiner Wohnung einen Platz erobert hatte. Gefühlt acht Meter lang, hart an der 7,5-Tonnen-Grenze und obendrein schlecht gepflegt. Eine optische Zumutung. Und dennoch: Es sollte drei Monate dauern, bis sich das Ungetüm endlich wieder in Bewegung setzte und dann für einige Wochen verschwand.
Für weitere zwei Wochen ließ sich der nun freigewordene Doppelparkplatz (oder Vier-Smarts-Stellplatz) aber auch wieder nicht nutzen: Jemand packte die Gelegenheit beim Schopf und stellte seinen Anhänger mit Werbeaufbau dort ab. Keile dran, Schloss an die Kupplung und Sayonara. Gekauft habe ich den beworbenen Tand nicht.
Wie gesagt: Das ist lange keine Randerscheinung mehr. Fahren Sie in Hamburg mal entlang der Isfeldstraße nach Blankenese. Oder über die Heinrich-Plett-Straße Richtung Elbe-Einkaufszentrum. Das sind jetzt meine lokalen Favoriten, aber ich bin sicher, Ihnen fallen vergleichbare Treffpunkte in ihrer Nähe ein. Es gibt zahllose Straßen, bei denen es sich offenbar rumgesprochen hat, dass man seine Fahrzeuge relativ sicher und vor allem legal quasi unbegrenzt abstellen darf. Fährt man dort vorbei, kommt es einem schnell vor, als wäre man falsch abgebogen und in den Düsseldorfer Messehallen auf dem Caravan Salon unterwegs.
Rechtlich eine sichere Sache
Rein rechtlich sind die Halter der Wohnmobile auf der sicheren Seite. Denn im Gegensatz zu Anhängern und Wohnwagen, gibt es für Wohnmobile keine zeitliche Begrenzung. Ist es zugelassen, darf es dauerhaft parken. Nur wenn das Gefährt schwerer als 7,5 Tonnen ist, ist das Parken in Wohngebieten nachts sowie an Sonn- und Feiertagen nicht gestattet.
Wer glaubt, dass Bewohnerparken hier Abhilfe schaffen würde, irrt. In Hamburg war das zuletzt im Sommer 2023 Thema, und die Behörde war machtlos. Das "Abendblatt" zitiert Behördensprecher Dennis Heinert mit den Worten: "Die bundesweit gültige Straßenverkehrsordnung unterscheidet grundsätzlich nicht zwischen den Fahrzeugarten Wohnmobil und normalem Pkw. Wohnmobile können wie normale Pkw im öffentlichen Raum abgestellt werden. Besondere Stellplätze im öffentlichen Raum gibt es nicht."
Selbst bei Anhängern und Wohnwagen muss man sich aber nicht stressen: Ist eine Lücke gefunden, dürfen sie für zwei Wochen am Straßenrand abgestellt werden. Wie genau das kontrolliert wird, steht nochmal auf einem ganz anderen Blatt – und selbst wenn jemand meckert: Dann setzt man die sperrigen Dinger eben kurz um, und die Frist beginnt von vorn.
Wenn wir also damit beginnen, selektiver mit der Verteilung des engen Parkraums in Großstädten umzugehen, ist der Ansatz, dies am Gewicht von Autos festzumachen, ausgemachter Blödsinn. Was die Innenstadt von Paris betrifft, muss man ohnehin davon ausgehen, dass es um ein Fernhalten von Touristen geht – und es am Ende niemanden juckt, mit welchen Autos sie dort geparkt hätten. Der Anstrich einer Einschränkung für SUV zündet nur besser, weil man das Reizwort so schön nutzen kann.
Wer ein Wohnmobil kauft, sollte vorher etwas planen
Ich glaube, das Stadtbild würde sich vielerorts schon damit deutlich ändern, wenn man Wohnmobile nicht länger als einfache Pkw einstuft und bei Anhängern die Daumenschrauben anzieht. Es mag anmaßend klingen, aber es kann eigentlich nicht zu viel verlangt sein, sich vor der Anschaffung einer rollenden Zweitwohnung oder eines Anhängers Gedanken darüber zu machen, wo man den Kram abstellt. Hat man keinen Platz, sollte das nicht zum Problem der Nachbarn gemacht werden. Schon gar nicht dort, wo ohnehin kaum Platz ist. Wie Camper vom Dorf das handhaben, ist deren Sache: Wenn genug Platz da ist, sehe ich kein Problem.
Bei Anhängern sehe ich das eigentlich sehr ähnlich. Vor allem weil auch hier, vielleicht sogar noch krasser als bei Wohnmobilen und Wohnwagen, oft monatelang keine Nutzung erfolgt, die Dinger nur unnütz in der Gegend rumstehen.
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Wie man das letztlich regelt, wissen Verkehrsexperten im Zweifel besser als ich. Denn auch über ein Entgegenkommen für Halter müsste man sprechen: Wenn man sein Kfz nicht überall abstellen darf, müssen beispielsweise andere Steuersätze her, da man damit ja eigentlich die Straße finanziert, auf der man stehen möchte, es aber nicht darf.
Ausgrenzung ist stets ein schwieriges Thema und irgendwer wird darüber immer meckern – vielleicht geht es also um die Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner oder den geringsten Schaden. Ich glaube, die Verbannung von Fahrzeugen, die nur sehr selten in Bewegung sind, könnte schon etwas Erleichterung bringen.
Städte ohne Autos sind Utopie
Sich aber wieder und wieder am SUV zu stören und die bösen schweren Autos zum Feindbild zu erklären, erscheint mir nicht sinnvoll. Ob ein Smart, ein Polo oder ein Q8 eine Parklücke blockiert, spielt für mich keine Rolle. Im Zweifel ärgere ich mich sogar eher darüber, wenn ein kleiner Smart ganz tief in der Parklücke steht und bei mir kurz die Hoffnung aufflammt, endlich einen Platz gefunden zu haben, ich dann aber den Mini-Blocker erst sehe.
Zum Schluss möchte ich noch jene abholen, die bereits auf dem Weg sind, mir eine erboste Mail zu schreiben, dass Autos generell nicht in die Städte gehören. Ich stimme zu. Ich weiß, erstaunlich. Aber nur unter einer Bedingung: Wenn der öffentliche Nahverkehr so gut funktioniert, dass es für mich keinen Sinn macht, das Auto zu nehmen, verzichte ich gerne. Da das im Hamburger Westen aber mitnichten der Fall ist – und es auch hier bestimmt weitere Beispiele gibt – finde ich die Debatte aktuell nicht sinnvoll.