Hybrid-Antrieb Zwischen Modetrend und Zukunftstechnologie

Von Helmut Werb, Los Angeles
Die Amerikaner lieben ihre dicken Schlitten nicht mehr und kaufen lieber Benzin-Knauserer wie den Toyota Prius oder den Honda Civic, Autos mit Hybrid-Antrieben.

80 Cent für einen Liter Benzin hört sich für uns Deutsche an wie eine schöne Erinnerung an gute alte Zeiten. In den USA sind zweieinhalb Dollar für eine Gallone jedoch ein Preis-Schocker. Seit sich die amerikanischen Benzinpreise innerhalb eines Jahr fast verdoppelt haben, entdecken die Amis in ihrer typisch enthusiastischen Art ganz plötzlich die Farbe grün. Noch keine zwölf Monate ist es her, da waren Sprit-Vernichter wie der Baby Hummer oder Fords Familien-Laster Explorer der Hit bei US-Autokäufern. Seit ein Mal Auftanken jedoch die Bank sprengt, stürzen die Amerikaner in die Verkaufsräume von Toyota und Honda und kaufen den Japanern die Hybrid-Regale leer. Die "Katrina“-geschockten Amerikaner verliebten sich Hals über Kopf in Zwitter-Autos, deren konventioneller Benzin-Motor durch einen sich beim Bremsen und Cruisen ständig aufladenden Elektro-Motor unterstützt wird. Die Technik funktioniert ganz gut, und je nach Hybrid-Bauart sinken die Verbrauchswerte um bis zu 30 Prozent. Wobei bemerkenswert ist, dass bei Schwergewichtlern wie den SUVs und Pickup-Trucks die Verbrauchswerte im Stadtverkehr niedriger sind als auf Landstrassen, da der Elektromotor bei geringen Geschwindigkeiten mehr Arbeit übernimmt als bei schneller Fahrt.

Heiß auf Hybride

Mit dem Honda Insight und dem Toyota Prius hatte der Trend angefangen. Der skurril daherkommende Insight war seiner Zeit etwas zu weit voraus, aber der Prius ist ein Hit. Vor allem im Auto-vernarrten und ins Grüne tendierende Kalifornien verkauft sich der auf der Brust schwächelnde Viersitzer wie das sprichwörtliche Schnittbrot. Der Prius erreicht zwar nur dann die lauthals angekündigte Vier-Liter-Marke, wenn konstant, aber auch wirklich konstant mit 55 Meilen dahingeschaukelt wird. Was selbst auf amerikanischen Straßen pure Fantasie ist. Aber das amerikanische Finanzamt bietet deutliche Steuervorteile für Hybride. Und einige Versicherungen haben günstigere Raten. Und weil Kalifornier mit besonders schadstoffarmen Kleinwagen die Car-Pool-Spuren auf den hoffnungslos verstopften Freeways auch dann benutzen dürfen, wenn sie alleine im Auto sitzen, hat der Prius jetzt halbjährige Lieferfristen.

Der Trend ist zur Flut geworden, die Amis wollen die Zwitter, als gäb’s ab morgen kein Benzin mehr. Toyota hat neben dem Prius noch den neuen Camry im Hybrid-Programm, einen grossen Familien-Sedan, und den Geländewagen Highlander, ein durchaus angenehmes Gefährt, obwohl sich beim Highlander die Ersparnisse im Verbrauch in Grenzen halten. Bei einer - recht unwissenschaftlichen - Testfahrt nicht unter achteinhalb Liter auf 100 Kilometer, für ein schickes Komfort-Gefährt dieser Größe und dieses Gewichts zugegebenerweise ein sehr guter Wert. Aber wirklich reißen tut er’s spritmässig nicht.

Hondas Civic ist da schon besser. Die neue Civic-Generation ist eh ein gelungener Wurf, und mit dem Hybrid-Antrieb ist der Kleine weit weg vom Brüller, aber macht trotzdem richtig Spaß. Hondas Accord, Fords grüner SUV Escape und der Luxus-Lexus RX400h runden das augenblickliche Angebot ab. Demnächst gibt’s den Chevy Silverado Pickup mit elektrischer Gehhilfe, und Dodge baut seinen Über-Trucks auch langsam Umweltbewusstsein ein.

So wohltuend deutlich sinkende Verbrauchswerte fürs Portemonnaie und das Gewissen auch sein mögen, die Sache hat einen Haken: Hybridler sind technologisch gesehen eine Sackgasse, denn was der Civic Hybrid kann, schafft jeder moderne Diesel mit links - und das deutlich flotter und lustiger. Eine Woche Freeway-Stau in Los Angeles mit ein paar kleinen Ausflügen ins Braungrüne erzielten Verbrauchswerte von starken 5 Litern, was ein anständiger Wert ist. Aber muss ich dafür wirklich zwei Motoren und einen gewaltigen Satz Batterien mitschleppen? Ein Polo Diesel schafft das auch ohne Strom. Und selbst dickste Schiffe können heute günstig tuckern, wie die moderne Generation der Achtzylinder-Diesel zeigt. Auch die mit viel Trara angekündigten Diesel-Hybride erobern kein konzeptionelles Neuland, das uns langfristig vorwärts bringen würde. Wo die Zwitter tatsächlich die Nase vorn haben, sind die Emissionswerte. Im Schadstoffausstoß schlagen die Hybride selbst gefilterte Selbstzünder um Längen.

Sei’s drum. Die Diskussion ist müßig. Der Markt will auf einmal Benzinsparer, und Hybride kann man kaufen - andere (intelligentere) Antriebe eben nicht. Da haben die Europäer, man muss es leider sagen, den Zug etwas verpasst. Erst langsam kommen Volkswagen, Mercedes Benz und BMW auf den Geschmack und schießen eilig entwickelte Modelle nach. Grad schad drum ist’s, möchte man sagen, denn der vom US-Markt gedopte Drang zum Hybrid ist ein zweischneidiges Schwert. Weil der Markt drückt, werden Forschungsmittel zugunsten pressanter Hybride von Projekten wie Wasserstoff-, Fuel-Cell und E-Technologie abgezogen. Und obwohl es keiner bei den großen Autofirmen wie DaimlerChrysler, General Motors, Ford oder Volkswagen öffentlich zugeben will, wird die Entwicklung wahrhaft zukunftsträchtiger Technologie damit ins Hintertreffen geraten.