Alle kriegen ihr Fett weg. Alle dürfen mehr bezahlen. Wenn das heute in der "Bild"-Zeitung zitierte Papier aus dem Bundesfinanzministerium Gesetz werden sollte, kommen auf sämtliche bis zum 31. Dezember 2008 zugelassenen Autos Steuererhöhungen zu. Bei einem Plus von 1,25 Euro pro 100 Kubikzentimeter Hubraum wären das durchschnittlich 21 Euro pro Jahr mehr für Benziner und beim Diesel 26 Euro.
Und auch die Umstellung der Kfz-Steuer von der bisherigen Hubraum- auf die kommende CO2-Basis bringt Vorteile für den Staat: Bis 2013 sollen 26 Millionen Euro mehr in die Kassen der Bundesländer fließen, die wie bisher Nutznießer der Kfz-Steuer sein werden. Alle ab dem 1. Januar 2009 zugelassenen Fahrzeuge sollen unter die neue Regelung fallen, nach welcher der Steuersatz nicht mehr pro angefangener 100 Kubikzentimeter Hubraum, sondern pro Gramm Kohlendioxidemission im Norm-Zyklus gezahlt werden muss.
AvD fordert Umlegung auf den Spritpreis
Der Umwelt nutzt das nichts, sagt Sven Janssen vom Automobilclub von Deutschland (AvD). Aus Sicht des AvD wäre es sinnvoll, die komplizierte Kfz-Steuer komplett auf den Spritpreis umzulegen: "Menschen erleben dann die Spareffekte, die sie durch anderes Verhalten oder verbrauchsgünstige Fahrzeuge selbst erzielen, direkt im Portemonnaie." Der eigentliche Clou dabei: Diesel und Benzin müssten nicht teurer werden. Der Bund, so argumentiert der AvD, habe nach den Preiserhöhungen der letzten Zeit mit den absolut gestiegenen Mehrwertsteuereinnahmen so viel Geld eingenommen, dass daraus locker die gesamte Kfz-Steuer an die Länder überwiesen werden könnte. Würde der Staat diese Mehreinnahmen einfach umlegen, statt sie zu vereinnahmen, könnte die Kfz-Steuer ohne Mehrkosten an der Tankstelle abgeschafft werden, und der Umwelt wäre trotzdem gedient. Daran ist offenbar nicht gedacht. Während vor allem ärmere Bürger kaum noch wissen, wie sie die Kosten der Mobilität aufbringen können, trachtet der Staat danach, die Gesamteinnahmen aus dem Pkw-Verkehr kräftig zu steigern.
Komplizierte Staffelung der Steuer
Laut "Bild"-Zeitung sollen vor allem die weit über zehn Millionen Fahrzeuge der Normen Euro 2 und Euro 3 von Erhöhungen betroffen sein. So mutieren Pkw, die noch bis zum 1. Januar 2005 als sauber galten, trotz ihrer automobilen Jugend zu Stinkern. Dasselbe gilt für die aktuellen Euro-4-Wagen: Sie sollen ab 2011 stärker zur Kasse gebeten werden, wenn sie gerade mehr als zwei Jahre alt sind. Für die wenigen ganz alten Autos mit Euro-1-Norm oder schlechter ändert sich nichts. Hier darf auch jetzt schon ordentlich gezahlt werden.
Eine Vereinfachung kommt mit der Einführung der Kfz-Steuer auf CO2-Basis zum 1. Januar 2009 nicht auf die deutschen Autofahrer zu. Fahrzeuge, die weniger als 95 Gramm produzieren - das wäre zurzeit ausschließlich der Smart cdi - sollen bis 2013 steuerbefreit sein. Bereits ab 2009 müssen Halter von Fahrzeugen mit 110 bis 160 Gramm CO2 pro Kilometer 1,80 Euro pro Gramm bezahlen. Ein Golf mit dem High-Tech-TSI als 122-PS-Benziner und 149 Gramm CO2-Emissionen müsste also 262 Euro pro Jahr bezahlen. Da die Steuerreform für Fahrzeuge ab 160 Gramm pro Kilometer eine Erhöhung des Satzes auf 2,60 Euro pro Gramm vorsieht, käme es für den meistverkauften aller Golf, den 80-PS-Basismotor, besonders dicke: Der emittiert 164 Gramm pro Kilometer, was 426 Euro Steuer entsprechen würde.
"Eigentor für die deutschen Hersteller"
Die Rechnerei beim Neukauf erhält also eine neue Dimension. Allerdings nicht für die, die zu teuren Autos greifen. Selbst, wenn ein Porsche Cayenne Turbo statt bisher 331 Euro (4,9 Liter Hubraum mal 6,75 Euro pro angefangener 100 Kubikzentimeter) plötzlich 931 Euro (358 Gramm CO2 pro Kilometer mal 2,60 Euro) kosten würde, prophezeit der Autoexperte Professor Ferdinand Dudenhöffer von der FH Gelsenkirchen keinen bedeutenden Lenkungseffekt: "Je teurer das Auto, desto unbedeutender ist der Steueranteil bei den Gesamtkosten." Bei sechsstelligen Listenpreisen fallen die paar Euros nicht ins Gewicht.
Zusätzlich hält Dudenhöffer die geplante Regelung für ein deftiges Eigentor. Sollte nicht jedes Gramm CO2 gleich viel kosten, sondern ausgerechnet ab 160 Gramm - viele einheimische Produkte liegen weit darüber - ein Mehrpreis fällig werden, würden sich "die Deutschen selbst bestrafen." Statt einer nationalen Steuer schwebt ihm ein "europaweiter Emissionshandel“ vor. Der aber scheint zu Gunsten der kleinstaatlichen Deutschlandregelung vom Tisch zu sein.