Maus und Tastatur können erst einmal weg. Beim "Touchsmart"-Computer reicht der Zeigefinger: Um ein Programm zu starten, berührt man einfach kurz das entsprechende Symbol auf dem Monitor. Ebenfalls mit dem Finger lassen sich Bildschirmfenster hin und her schieben, kann man in Texten blättern und Weblinks anklicken. Dateien werden kopiert, indem man ihre Symbole auf den gewünschten Ordner zieht.
Gut möglich, dass wir unsere Computer bald alle so bedienen werden. Mit ganz neuen Geräten gehen die PC-Hersteller zurzeit auf Kundenfang. Touchscreen- Computer, bei denen der Rechner in den Bildschirm eingebaut ist, die schick gestaltet sind und dieses revolutionäre Bedienkonzept haben: den berührungsempfindlichem Monitor. Ist das der Computer der Zukunft?
Daran scheinen außer HP, dem Hersteller des "Touchsmart", auch die Firmen Asus, Shuttle und MSI zu glauben. Sie haben allesamt ähnliche Computer auf den Markt gebracht und damit die erste echte Neuerung in der PC-Bedienung seit dem Durchbruch der grafischen Benutzeroberfläche vor fast 30 Jahren. Dafür sind die Preise überraschend moderat: Schon ab etwa 450 Euro bekommt man den "Eee Top 1602" von Asus - für den "Touchsmart" allerdings muss man bis zu 1500 Euro ausgeben.
Speziell zugeschnittene Benutzeroberflächen
Wie sehr wir uns an Maus und Tastatur gewöhnt haben, merkt man erst, wenn sie auf einmal nicht mehr da sind. Plötzlich sieht der Computer nicht mehr wie ein Computer aus - aufgeräumt wirken Schreibtisch und PC.
Was ist das?, fragen Neugierige. Ist das überhaupt ein Computer? Antwort: ja. Alle Programme, die auf einem herkömmlichen Rechner laufen, funktionieren auch auf dem Touchscreen-PC. Als Betriebssystem dient Windows Vista oder XP. Doch normale Windows-Versionen sind für berührungsempfindliche PCs weitgehend ungeeignet: Symbole und Knöpfe sind zu klein. Selbst mit schlanken Fingern verfehlt man sie oft. Deshalb haben die Hersteller neuartige Benutzeroberflächen programmiert, die speziell auf die Bedienung per Fingerzeig zugeschnitten sind. Bei HP heißt diese Software Smartcenter, und die ist nicht nur schnell und funktional, sondern sieht auch noch schick aus - ein bisschen wie beim iPhone.
Überhaupt wären die neuen Computer ohne das schon jetzt legendäre Apple-Handy kaum denkbar. Bis zur Erfindung des iPhones galten Touchscreens als überflüssig und problemanfällig, das waren die Dinger, die einem beim Fahrkartenautomaten der Bahn Ärger machten. Inzwischen aber gilt Fingerbedienung als cool, und immer mehr Handys, MP3-Player und Navigationsgeräte sind damit ausgestattet. In diesem Jahr werden weltweit allein 170 Millionen Touchscreen-Handys verkauft, prognostizieren Marktforscher. Bei Mobiltelefonen ist Platzmangel der wichtigste Grund für den berührungsempfindlichen Bildschirm. Warum aber bei Computern, die dieses Problem nicht haben?
Weil's Spass macht
Diese Frage können die Hersteller meist auch nicht so recht beantworten. Tatsache ist: Schneller ist das Arbeiten damit nicht. Alles, was man mit dem Finger machen kann, geht mit der Maus meist sogar besser, da der kleine Zeiger präziser gesteuert werden kann als eine Fingerkuppe. Auch für Texte, die sich auf einer eingeblendeten Tastatur schreiben lassen, gilt: Konventionelle Buchstabentasten sind schneller.
Was also spricht für die Bedienung direkt auf dem Schirm? Es macht Spaß. Und das erwarten Computernutzer heute. Denn anders als früher werden die Geräte zu Hause selten als Büromaschinen für Schreibarbeiten eingesetzt. Heutzutage surft man mit ihnen im Internet, guckt Fernsehen und Filme, hört Webradio und MP3. Und dafür ist die Bedienung per Touchscreen wie geschaffen.
Will man Fotos anschauen, reicht ein kurzer Fingertipp auf das Ordnersymbol. Um ein Bild zu vergrößern, berührt man es mit zwei Fingern und spreizt die etwas. Das nächste Foto wird nach einem kurzen Wisch mit dem Finger über den Bildschirm angezeigt. Webseiten werden nicht mit den Tastaturpfeilen oder der Maus herauf- und heruntergerollt, sondern man zieht sie mit dem Finger über den Bildschirm. Das erleichtert den Überblick.
Die Erfolgschancen
Noch ist nicht klar, ob all das reicht, um Touchscreens im Markt zu etablieren. Helfen würde es sicher, wenn die Gerüchte stimmten, dass auch Trendsetter Apple an solchen Touchscreen-Computern arbeitet. Sicher ist, dass das neue Microsoft-Betriebssystem Windows 7, das im Oktober erscheinen wird, darauf eingestellt ist. Symbole und Schaltflächen wurden für die neue Version vergrößert. Schon in der bereits erhältlichen Vorabversion kann man elegant mit der Fingerspitze durch Fotogalerien scrollen und Wanderungen über den "Google Earth"-Globus unternehmen.
Und wer Schreibarbeiten erledigen will, kann das auch mit dem Touchscreen: An alle Geräte lässt sich problemlos eine herkömmliche Tastatur anschließen.