SCHEIBE Den Markt ankurbeln

Arme Computerwelt. An den Kassen wird kein Umsatz gemacht, noch mehr Insolvenzen stehen an. Merkwürdig ist nur, dass alle Firmen schreckerstarrt abwarten, dass der Kunde sein Kaufverhalten ändert. Anstatt selbst aktiv zu werden.

Kinder fahren auf jeden Schnickschnack ab. Hauptsache, es glitzert, leuchtet im Dunkeln oder lässt sich sammeln. Glauben Sie im Ernst, daran ändert sich später etwas im Leben? Nur weil man irgendwann erwachsen wird? Merkwürdigerweise wird dieses Wissen nicht recht ins Marketing übernommen. Allenfalls die DVD-Verkäufer haben einen leichten Schimmer davon, wie man mit »fancy« Gimmicks mehr Ware verkauft. Der »Terminator II« in der limitierten Metallbox wurde 180.000 Mal vorbestellt - ein Wahnsinn, der das Wort »limitiert« irgendwie ziemlich verwässert. Auch Sonderpublikationen wie etwa der FSK-18-Schocker »Hannibal« auf blutroten DVD-Scheiben waren ein Verkaufsschlager. Ebenso die Jackie-Chan-Filme mit der Silberschrift auf dem Cover und einem Original-Filmschnippsel im Booklet.

»Harry Potter« mit echter Eulenfeder

In den DVD-Foren im Internet diskutieren die Fans bereits darüber, welche Glasvitrine wohl die beste ist, um diese teuren Schätze angemessen zu präsentieren. In diesem Zusammenhang redet auch niemand mehr von der Raubkopie: Die Metallbox oder die blutigroten DVDs lassen sich eben nicht kopieren. Komisch nur, dass die Firmen nicht viel häufiger auf der Extras-Schiene unterwegs sind, um den Umsatz anzukurbeln. Man stelle sich den »Herren der Ringe« mit beiliegendem Ring vor. Oder »Harry Potter« mit echter Eulenfeder. Eine Tüte mit »Berti Botts Bohnen« hätte sicherlich auch gereicht.

Erbärmlich ist, was die Software-Industrie dagegenzuhalten hat. In riesengroßen Euroboxen wackelt einsam und verlassen eine einzelne CD-ROM herum. Oft muss man für diese CD auch gleich noch eine leere Jewelbox kaufen, damit man sie überhaupt außerhalb der Eurobox verstauen kann. Kein Handbuch, keine anständige CD-Hülle, keine Extras - da kommt keine rechte Freude auf. Im Gegenteil: Beim Auspacken der Eurobox hat der Käufer stets das Gefühl, um sein Geld betrogen worden zu sein. So viel Geld ausgegeben und dann doch nur eine Kiste voller Luft erhalten? Das kann es doch nicht sein. Da greifen viele Kunden dann doch lieber zur Raubkopie. Viele Firmen wechseln jetzt endlich zur platzsparenden DVD-Schachtel. Ohne beiliegendes Handbuch hätte es aber auch eine simple Jewelbox getan.

Software mit Beilagen noch Rarität

Wo bleiben denn im Computerbereich die flippigen Verpackungen, die limitierten Auflagen und die Cover, die im Dunkeln leuchten? Auch die greifbaren Gimmicks sind Mangelware, dabei könnte man damit so manchen Fan erreichen. Wie wäre es denn mit Tattoos passend zu einem Computerspiel, mit einer Lupe für den DTP-Freak oder mit edlen Kopfhörern für den Musik-Player. Immerhin erkennen einige Firmen den Ernst der Lage. Ich habe bereits vereinzelt Software mit Beilagen testen dürfen. Da gab es dann etwa Verbindungskabel passend zur Handy-Software, ein Labelgerät für die Etikettierung bei Brennerprogrammen und sogar einmal eine universelle Infrarot-Schnittstelle. Und mal Klartext: Wenn ich mehr als zehn Euro für eine Software ausgebe, dann erwarte ich als Kunde auch ein gedrucktes Handbuch. Punkt.

Auch die Computer-Industrie darbt. Na, ist es denn ein Wunder? Die Kisten sehen immer noch so grottenlangweilig aus, dass man sie am liebsten unter dem Tisch verstecken möchte. Natürlich ist ein grauer Kasten noch immer besser als diese Designer-Sünde namens iMac. Aber trotzdem gibt es doch ausreichend Möglichkeiten, einfach einmal ein bisschen zu experimentieren. Ich kann mir vorstellen, dass die Spiele-Kids liebend gerne einen PC in Betrieb nehmen würden, der wie eine X-box aussieht. Oder das im Edelbüro PCs gefragt sind, die ebenso edel aussehen. Wo ist der PC, der in einem LCD-Display Datum und Zeit anzeigt, eine richtige Fernbedienung zum Ein- und Ausschalten mitbringt und auch ausgeschaltet noch als CD-Player zu verwenden ist? Wenn die Herren in den Entwickleretagen ein klein wenig einfallsreicher wären, würden sie auch noch auf andere Weise einen Bedarf wecken als nur über einen neuen fetten Prozessor.

Marktschreierverfahren bei Dell

Dell macht es vor mit seinem Marktschreierverfahren. Die Geräte sehen hipp aus. Und beim Einkaufen im Online-Shop fühlt man sich wie vor dem Stand von Käse-Paul. Bevor man sich auch nur für ein Gerät entschieden hat, gibt es von Dell ein paar hundert Euro Online-Rabatt, einen kostenlosen Farbdrucker und auch noch ein Prozessor-Update geschenkt. Dann drei Jahre Vor-Ort-Garantie, Maus und Tastatur mit inbegriffen, und auch noch dieses und jenes. Mit all diesen Geschenken im Arm startet man dann hochmotiviert den eigentlichen Bestellvorgang für einen neuen Rechner. So macht das Einkaufen wieder richtig Spaß.

Carsten Scheibe

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