Scheibes Kolumne Hier spricht die Polizei

Stern.de-Kolumnist Scheibe bekommt für sein Leben gerne E-Post. Besonders nützlich findet er Newsletter. Allerdings fehlen dem Mail-Süchtigen so einige Newsletter, die seiner Meinung nach schwer überfällig sind.

"Sie haben Post". Diese Nachricht, die bei meinem Mail-Programm auch schon einmal von einem bellenden Hund vorgetragen wird, versetzt mich immer wieder in euphorische Stimmung. Die blanke Neugierde treibt mich sofort dazu, mein "IncrediMail" im Stapel der geöffneten Fenster wieder nach vorne zu holen. Insbesondere die Newsletter haben es mir zurzeit besonders angetan. So bekomme ich regelmäßig Post von meinem Lieblings-Kino in Berlin-Spandau. Das teilt mir jede Woche mit, welche Filme wann laufen. Auch Premieren werden im Newsletter vorgestellt. So können wir Kinosüchtige in der Redaktion gleich das Double zu "Kill Bill" buchen und uns beide Teile nacheinander anschauen. Segensreich ist auch der Tschibo-Newsletter - da weiß man schon im Vorfeld, wann es wieder zu preiswerten Aktionen im Kaffeehaus kommt. Und ist dann der erste in der Schlange.

Vorschlag 1: Polizei

Zugegeben: Nicht alle Newsletter sind toll. Viele enthalten nur langweilige Werbung. Andere beschränken sich auf zwei, drei Zeilen Text pro Thema und verweisen dann auf Links, die ins Internet führen. Das macht mir aber keinen Spaß, den Newsletter zu verlassen, nur um den Text im Browser weiterlesen zu können. Leider werden die besten Newsletter noch gar nicht angeboten. Mir fehlt etwa der wöchentliche Nachbars-Newsletter von der örtlichen Polizei. Der könnte etwa wie folgt aussehen:

"Liebe Mitbürger,
seit zwei Wochen sind wieder Einbrecherbanden unterwegs, die vorzugsweise in Einfamilienhäuser einsteigen. Sie stehlen bevorzugt Bargeld und Schmuck, lassen aber technische Geräte stehen. Die meisten Einbrüche erfolgten tagsüber am Vormittag und zwar bislang nur in der Kölner und in der Solinger Straße. Die Polizei patrouilliert deswegen in dieser Gegend besonders häufig. Hinweise der Bürger werden weiterhin gerne unter der Telefonnummer XXX entgegengenommen.

Liebe Eltern: Am Spielplatz in der Zillestraße ist wiederholt ein Mann auffällig geworden, der kleine Kinder anspricht. Die Polizei wird den Spielplatz besonders häufig kontrollieren. Wir bitten aber trotzdem alle Eltern, ihre Kinder in der nächsten Zeit nicht unbeaufsichtigt zu lassen.
Ihre Polizei."

Vorschlag 2: Krankenkasse

Gut könnte ich mir auch einen monatlichen Newsletter von meiner Krankenkasse vorstellen, der im Serienbriefverfahren auf die über mich gespeicherten Daten von meinen Ärzten zurückgreift. Ein möglicher Newsletter würde dann wie folgt verfasst sein:

"Lieber Herr Scheibe,
in diesem Jahr waren Sie bereits X-mal beim Arzt und haben Leistungen im Wert von Y Euro in Anspruch genommen. Medikamente wurden Ihnen in Höhe von Z Euro verschrieben.

Ihr Internist Doktor Frick bittet in den nächsten zwei Monaten um einen erneuten Besuch, um Ihre Gallensteine noch einmal zu observieren. Ihr Hausarzt Doktor Ritter möchte gerne zur jährlichen Blutabnahme bitten, um Ihren zu hohen Cholesterinwert noch einmal zu kontrollieren. Und Doktor Markgraf würde Sie gerne in den kommenden drei Wochen zur Zahnkontrolle und zur Hygiene bitten. Bitte lassen Sie sich einen Termin geben. Die Kontaktdaten finden Sie zu Sicherheit noch einmal am Ende des Newsletters."

Vorschlag 3: Bank

Und zu guter Letzt wäre ein Newsletter von der Bank meines Vertrauens auch nicht verkehrt. Auch er würde nur Sinn machen, wenn der Newsletter auf persönliche Informationen aus der Datenbank zurückgreifen würde. Das mit dem Datenschutz ist freilich ein Problem, aber vielleicht kann man das umgehen, indem man seine Kreditkarte durch einen Kartenleser zieht, um sich auf diese Weise als autorisiert auszuweisen.

"Lieber Bankkunde,
ihr gespartes Vermögen beläuft sich zurzeit auf X Euro. Wir empfehlen Ihnen, das auf dem Girokonto deponierte Geld zumindest zum Teil fest anzulegen. Wir bieten Ihnen bei einer einjährigen Laufzeit einen Zinssatz von vier Prozent an. Darüber hinaus weisen wir auch darauf hin, dass Sie Ihre Aktien von YY und ZZ nur noch zwei Monate halten müssen, um die Spekulationsfrist zu überstehen. Anschließend können Sie die Papiere verkaufen, ohne dass der Gewinn mit dem Finanzamt geteilt werden muss."

Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania

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