Scheibes Kolumne Tolle PC-Hobbies

Stern.de-Kolumnist Scheibe freut sich: Robert, Cookie und Jörgi schauen bei ihm auf ein Bierchen vorbei. Und jeder Besucher hat ein neues kurioses Hobby mitgebracht, das irgendwie etwas mit dem Computer zu tun hat.

Robert fackelt nicht lange. Eben erst ist er mit der ganzen Meute in mein Büro eingefallen, da sieht er auch schon, dass ich noch an der aktuellen Stern.de-Kolumne schreibe. Also läuft er rüber in die Waschküche und holt sich selbst ein Bier aus dem Kühlschrank. Dann kramt er in meinen Schubladen nach einem Öffner. Sekunden später schäumt Bier auf meine ausgedruckten Dateipläne.

"Upps."

"Danke", sage ich. "Hast du nichts Besseres zu tun, als mir meine Pläne vollzusiffen?"

Robert jagt Schätze

Robert nickt. Doch, hat er. Und er berichtet uns auch gleich davon. "Ihr wisst doch, dass ich ein neues Auto habe."

Wir verdrehen die Augen. Und ob wir das wissen. Er erzählt ja von nichts anderem mehr.

"Das ist so toll, da fahre ich am liebsten stundenlang spazieren. Meine Frau hat bereits die Nase voll, aber die Kinder habe ich dazu bekommen, dass sie jetzt wieder mit Feuereifer mitfahren. Wir machen nämlich Geocaching."

Wir schauen alle fragend, müssen aber gar nicht lange warten, bis Robert von selbst erklärt, was Sache ist.

"Überall auf der ganzen Welt haben völlig verrückte Leute inzwischen kleine Schätze vergraben oder versteckt. Das kann etwa eine Tupperdose sein mit ein paar Gimmicks und einem Notizbüchlein drinnen. Im Internet verraten die Leute dann die Koordinaten des Schatzversteckes. Eben diese Koordinaten kann ich in mein Navi-System im Auto eingeben. Und schon führt es uns zum Schatz. Jedenfalls bis in die Nähe. Auf den letzten Metern müssen wir dann aussteigen und richtig übel suchen. Die Kinder sind ganz wild drauf. Fünfzehn Schätze haben wir in und um Berlin herum bereits gefunden."

Wir staunen: "Ist da Geld in den Tupperdosen?"

Robert schüttelt den Kopf. "Letztens haben wir eine Schlumpf-Figur rausgenommen, einmal war auch ein Noppen-Präser mit in der Büchse. Den haben die Kinder natürlich nicht bekommen, den habe ich benutzt." Robert schaut verträumt in die Ferne, dann redet er weiter. "Wer etwas rausnimmt, muss dafür wieder etwas anderes reinpacken. So sind die Regeln der Geocacher. Wir verteilen gerade Playmobil-Figuren, die hat mein Sohn aussortiert."

Robert ist stolz auf sein neues Hobby. Immerhin gibt es alleine in Deutschland knapp 2.500 verborgene Geocaching-Schätze. Da kann er mit seinem neuen Auto so lange herumfahren, bis es ein altes Auto wird oder ihn die Spritpreise zum Aussteigen zwingen. Derweil setzt Jörgi an. Er hat ebenfalls ein neues Hobby.

Jörgi fasst neuerdings Bücher an

„Ihr wisst ja, dass ich nicht so die Leseratte bin.“ Wir hüsteln. Wir wissen ja alle, dass es bei Jörgi nicht zu mehr Literatur als zu einem Donald-Duck-Heft auf dem Klo reicht.

"Bei meiner Frau sieht das aber ganz anders aus. Die haut drei bis vier Bücher im Monat weg. Das Problem ist, dass unser Wandschrank langsam aus allen Nähten platzt. Also sortieren wir alle paar Wochen die Bücher aus, von denen sich meine Maus am ehesten trennen kann. Die schicken wir dann auf die Reise."

Cookie kratzt sich am Kopf: "Wenn du eh nicht liest, was mischt du dich dann in die Bücherkiste deiner Frau ein?"

"Moment, Moment". Jörgi wiegelt mit den Händen ab. "Ich arbeite ja gerne am Computer. Das Dumme ist nur, dass ich da eigentlich gar nichts zu arbeiten habe. Und immer nur Spielen ist ja auch doof. Deswegen habe ich mich den BookCrossern angeschlossen. Die BookCrosser lassen ihre Bücher frei, in der Wildnis sozusagen. Dabei bekommen die Bücher vorher einen kleinen Stempel und eine BCID, das ist eine BookCrossingIDNummer. Dann kann ich das Buch irgendwo einfach liegenlassen. In einer Telefonzelle, in einer Schule oder in einem Café. Wer das Buch findet, darf es behalten - und kann online Meldung über seinen aktuellen Verbleib geben, damit wir wissen, dass es unserem Buch gut geht."

Wir wundern uns, und ich frage nach: "Wäre es nicht einfacher, die Bücher einfach so zu verschenken oder sie einer Bücherei zu stiften?"

Jörgi tut ganz aufgeregt: "Das macht aber nicht so viel Spaß. Bislang gibt es bereits 400.000 BookCrosser, die 2,5 Millionen Bücher in Umlauf gebracht haben. Das ist eine riesige Community, die da bereits im Internet entstanden ist. Ich habe bereits 250 Bücher freigelassen. Da kann ich online genau verfolgen, wer sie gerade hat. Finde ich irre."

Cookies Blick zeigt deutlich auf, dass er das für reine Zeitverschwendung hält. Er schaut nur wichtig in die Runde. Sein Blick verharrt auf mir, der die ganze Zeit über munter weitertippt, während inzwischen alle meine Freunde an einem Bier nuckeln. Er erzählt "Mein neues Hobby ist es, den Computer einfach einmal auszuschalten. Vier Tage halte ich es bereits ohne Windows aus. Und wenn ich mir euch Pappnasen einmal anschaue, dann denke ich, es würde euch auch nicht schaden. Los, raus jetzt aus dem muffigen Keller und ab in die Sonne. Lass uns im Garten weiterquatschen."

Ich bin ja auch gerade mit der Kolumne fertig und schicke sie schnell an Stern.de ab. Danach winke ich dem Compi noch einmal zu. Feierabend. Jetzt ist Wochenende.

Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania

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