Den Computermonitor zum Fernsehmonitor zu machen, hieß bisher immer: Computer aufschrauben, Hardwarekarte einbauen, Treiber und Software installieren, Probleme bekommen und irgendwann zwangsläufig schlecht gelaunt sein. Basteleien im Inneren des Rechners sind nicht jedermanns Sache, doch auch diejenigen, die sich bereitwillig auf eine TV-Karte einließen, wurden meistens zu Getriebenen der Treiber und sahen mit jedem Neustart älter aus. Das Multimedia-Center Computer verzweifelte an der ultimativen Herausforderung Television.
In letzter Zeit zeichnet sich eine Lösung ab: USB. Nicht mehr Karten, sondern "Plug-and-Play"-Geräte sollten das Fernsehen in den grauen Kasten bringen. Immer kleiner werdende Boxen machten die Hardware-Basteleien überflüssig. Nun bietet die Firma Yakumo mit ihrem "Quickstick DVB-T" die bislang kleinste Alternative an: ein USB-Stick, der einfach an den Rechner angestöpselt wird. Fertig soll der Fernseher sein.
Was purzelt denn da?
Testen wir mal, ob der Quick-Stick auch wirklich ein Joy-Stick ist. Beim Öffnen der Box wird man zunächst misstrauisch: Ein kleines silbernes Etwas purzelt einem da entgegen, äußerlich ununterscheidbar von den allseits bekannten USB-Speicher-Sticks. Außerdem enthalten: eine Mini-Antenne, ein Verlängerungskabel, eine kleine Fernbedienung und natürlich die obligatorische Installations-CD . Das Handbüchlein ist zwar nicht so schlank, wie man sich das erhofft hatte, aber dafür enthält es die Anleitung auch in babylonischer Vielfalt.
"Die schnelle Installation und Einstellung ermöglichen eine einfache Bedienung", verspricht Yakumo vollmundig auf der ersten Seite der Gebrauchsanweisung.
Solche Sätze wecken Erwartungen von blühenden Landschaften gepaart mit ganz unguten Erinnerungen: Harmlos beginnende Feierabende steigen in einem auf, an denen voller Erwartung Pakete mit Sound- und Grafikkarten geöffnet wurden. Der Geruch von neuem, unbenutzen Plastik, untermalt von dem verführerischen Knistern antistatischer Folie - alles schien so einfach, so leicht. Doch spätestens nach dem ersten Neustart und allerspätestens nach dem ersten Bluescreen hatte einen die harte Realität der inkompatiblen Hardware-Pluralität eingeholt. When I'm feeling blue... willkommen in der unerbittlichen Welt von Windows, wo die Fenster nur allzu oft viel Schatten spenden. Irgendwann, unzählige Neustarts und unzählige installierte Treiber später, sank man dann völlig entnervt ins Bett. Und dann, wenn das Denken in der Dunkelheit begann, fragte man sich, warum man sich das nur immer wieder freiwillig antat.
Würde es wieder so enden?
Plug and Play, wer wagt gewinnt: CD rein und erst einmal ins DirectX-Setup. Das braucht man laut Yakumo nämlich in der Version 9.0 für den Fernsehspaß. Glück gehabt: das Setup sagt mir sofort, dass DirectX 9.0 bereits installiert ist. Sehr schön - dann geht's gleich weiter mit der "richtigen" Installation.
Mit zwei Handgriffen aufgebaut
Streng nach Anleitung muss zuallererst die Apparatur "aufgebaut" werden. Das bedeutet zwei Handgriffe: Miniantenne an den USB-Stick und dieser wiederum natürlich an den USB-Port gestöpselt (nett, dass die Miniantenne einen Magneten hat - so kann man sie schnell an einem Tischbein oder Heizkörper befestigen). Ab jetzt soll eigentlich alles fast von selbst gehen. Und da poppt es auch schon auf, das "Ich-hab-neue-Hardware-gefunden-und-will-jetzt-einen-Treiber"-Fenster. Obwohl das die Anleitung korrekt prophezeit hat, verschweigt sie leider, dass von Windows gleich zwei Treiber hintereinander installiert werden wollen. Das ist nicht tragisch, hätte mir aber einen unnötigen Neustart, einige Konfusion und schon beginnende düstere Vorahnungen erspart.
Die eigentliche DVB-T-Software selbst ist schnell installiert. Dann noch - richtig – ein Neustart, und dann geht's auch wirklich los mit dem Computer-Fernsehen.
Auf Kanalsuche
Oder doch noch nicht. Zwar geht das DVB-T-Fenster auf, aber nur schwarzes Nichts. Nicht mal Rauschen, einfach nichts. Don't Panic – also ab in die "Einstellungen". Aha, da gibt es eine Reiterkarte: "Kanal scannen". Und die ist auffällig leer. Also scannen wir mal die Kanäle. Eigentlich auch logisch. Sind ja schließlich auch lokal verschieden, die terrestrisch-digitalen Programmangebote. Dennoch - ein Hinweis in der Anleitung hätte nicht geschadet. Nicht jeder wird sofort darauf kommen. Also wird wie bei einem richtigen Fernseher erstmal gescannt, und nach wenigen Minuten erscheint tatsächlich auch endlich ein Fernsehbild.
MPEG hinterlässt seine Spuren
Das Fenster ist stufenlos verstellbar, und lässt sich praktischerweise auch durch die Aktivierung der Funktion "immer oben" auf dem Desktop dauerhaft präsent halten. So kann man bequem nebenbei in anderen Fenstern arbeiten. Die Qualität des Bildes ist nicht berauschend, aber akzeptabel. In Sachen Schärfe und Klarheit ist es einem guten Fernseher jedoch weit unterlegen. Bei genauerer Betrachtung und dem Vergleich mit einem Fernsehbild bemerkt man, dass es kein wirklich weich fließendes Bild gibt. Vor allem bei schnellen Bewegungen und Lauftext fällt das besonders auf. Im Vollbild ist die typische Blockbildung der MPEG-Kompression zu sehen.
Die Software-Steuerung ist übersichtlich und orientiert sich an gängigen Software-DVD-Playern. Das Umschalten zwischen den Kanälen dauert ein paar Sekunden, also nichts für muntere Zapper. Dafür geht die Aufnahme per Knopfdruck sofort los und spuckt brav einen MPEG-2-Stream in den voreingestellten Ordner aus. Screenshots des Fernsehbildes kann man auch schnell und einfach per Tastendruck machen. Die Streamdatei lässt sich zwar mit der Steuerungssoftware anstandslos öffnen, mit einem anderen Software-Player aber nicht so ohne weiteres - auch nicht mit dem angeblich unterstützten Windows Media Player. Hier will der richtige Codec installiert sein, und Codecs sind immer ein weites Feld. Zudem sind die Dateigrößen nicht ohne: eine Minute Aufnahme benötigen rund 25 MB, ein Spielfilm von 90 Minuten also schon einen halben DVD-Rohling. Für archivwillige TV-Enthusiasten ein zweifelhaftes Vergnügen.
Endlich zeitversetzt fernsehen
Der Quickstick bietet auch wie bei allen gängigen digitalen Rekorden eine Timeshift-Funktion. So kann man bequem das Fernsehprogramm anhalten und zeitverzögert weiter schauen Nett: Ein Elektronischer Programm-Guide zeigt einem das aktuelle Fernsehprogramm mit einem Vorlauf von einer Woche. Mit einem einfachen Klick auf eine Sendung im Programmführer lässt sich der Timer für die Aufnahme sehr bequem und schnell programmieren. Ach ja, Videotext gibt es auch. Doch bleibt das Videotext-Fenster aus unerfindlichen Gründen manchmal einfach leer, und auch Videotext-Untertitel legen sich nicht wie bei einem normalen Fernseher automatisch an den unteren Rand des Fernsehbildes, sondern bleiben in einem getrennten Fenster. Verwunderlich, weil Yakumo auf der Verpackung in den Spezifikationen explizit auf die Möglichkeit von Videotext-Untertiteln verweist. Für hörgeschädigte Benutzer, die darauf angewiesen sind, ist das ärgerlich.
Moderater Hardwarehunger
Als Minimalanforderungen an das System nennt Yakumo einen Pentium 3 mit 800 Mhz und 128 MB Ram. Die unterstützten Betriebssysteme sind spärlich: der Quickstick läuft nur mit Windows 2000 (SP4) und Windows XP (SP1). Fragt sich nur, wer auf einem Pentium 3 mit 800 Mhz und 128 MB RAM mit Windows 2000 oder XP arbeitet…So werden wohl Benutzer älterer PC-Systeme als auch Mac-User in die Röhre und nicht in die Glotze gucken. Erstaunlich ist, dass Yakumo zwar die schnelle USB-2.0-Schnittstelle seines Quicksticks hervorhebt, sich aber in den Mindestanforderungen darüber ausschweigt, ob eine USB-2.0-Schnittstelle vorhanden sein sollte oder nicht. Bei diesen großen Datenmengen macht die Nutzung eines USB-2.0-Ports mehr als Sinn. Im Test zeigte sich die Leistung des Sticks zwar auch an einer USB 1.1-Schnittstelle (P3, 1,2 Ghz, 512 MB RAM, Windows XP) gerade noch erträglich - doch nur bei unbelastetem Rechner. Sobald nebenbei gearbeitet wird, verwandelt sich der Quickstick ganz schnell in eine lahme Ente, und Ruckler der hässlichsten Art traten im Fernsehbild auf. Einen modernen Rechner kann man beim Betrieb des Quickstick nebenher zwar problemlos nutzen, doch die Festplatte sollte man dennoch nicht unbedingt parallel zum Fernsehen defragmentieren.
Yakumo bietet als eine weitere Funktion noch eine Multikanalvorschau. Die Idee soll wohl sein, dass auf einem Fenster neun Kanäle in Miniansicht dargestellt werden. Das probiert man nur einmal aus: Quälend langsam baut die Ansicht nacheinander alle Kanäle auf. Doch diese laufen nicht etwa wie erwartet im Parallelbetrieb, sondern werden zu Standbildern, sobald der Kanal weiter springt. Soll das Zappen im 21. Jahrhundert sein?
Noch ein Wort zur Fernbedienung: Wahrscheinlich war hier der Wunsch Vater des Gedanken, denn die Reichweite des kleinen silbrigen Drückers beträgt ungefähr einen Meter. Und das auch nur bei unbehinderter Distanz. Steckt der Quickstick etwa an einem USB-Port hinten am Rechner, gilt nicht nur für den Stick, sondern auch für die Fernbedienung: lass mal stecken.
Fazit
Der "Quickstick DVB-T" ist nett, herrlich unkompliziert und bietet eine Leistung, die für einen Preis von rund 70 Euro völlig in Ordnung ist. Für Laptop-Besitzer, die nebenbei mit ihrem Mobilen noch ein wenig Fernsehen wollen, genau das Richtige. Multimedia-Freunde, die einen digitalen Videorekorder am Rechner möchten und Filme in hoher Qualität archivieren wollen, müssen weiter warten.