Manchmal gibt es Situationen im Leben eines Fotografen, da muss es vor allem schnell gehen. Dann heißt es Kamera zücken und Finger auf den Auslöser. Doch das Ergebnis des hektischen Foto-Shootings fällt nicht immer so aus, wie man es sich vorgestellt hat. Mal ist das ganze Bild verwackelt oder der Hintergrund ist schärfer als das Motiv im Vordergrund. Selbst mit einem Bildbearbeitungsprogramm wie Photoshop ist dann oft nichts mehr zu retten. Ärgerlich.
Abhilfe verspricht das kalifornische Unternehmen Lytro. Das Startup brachte im vergangenen Jahr eine sogenannte Lichtfeldkamera nach Deutschland. Die Technik dahinter ist bemerkenswert, denn die Besonderheit der Lichtfeldkamera liegt darin, dass sie keine starren Bilder aufnimmt, sondern interaktive Fotos knipst. So lassen sich beispielsweise die Motive nachträglich scharf stellen oder die Perspektive ändern. Lytro nennt das "Living Pictures". Das ist möglich, weil ein Netz von Linsen zum Einsatz kommt, das nicht nur die Farbe und Intensität, sondern auch die Richtung der einfallenden Lichtstrahlen aufzeichnet.
Doch die erste Generation der Lytro-Kamera hatte noch viele Kinderkrankheiten. Der Bildschirm war ziemlich unscharf, die Qualität der Bilder lag auf Smartphone-Niveau. Ab Juli bringt das Unternehmen nun eine zweite, runderneuerte Version namens Illum nach Deutschland. stern.de konnte das Gadget vorab bereits ausprobieren.
Klick - und es wird scharf
Nimmt man die Lytro Illum das erste Mal in die Hand, fällt vor allem das hohe Gewicht auf: Fast ein Kilogramm bringt die Kamera auf die Waage, fünfmal mehr als der schmale Vorgänger, der eher an ein buntes Fernrohr als an eine Kamera erinnert. Der Body besteht aus Magnesium und Aluminium und fühlt sich wertig an. Im Inneren steckt jede Menge Technik, etwa der brandneue Vierkernprozessor Snapdragon 801, der auch das Galaxy S5 antreibt.
Das neue Modell hat zudem eine kürzere Verschlusszeit und eine höhere Bildauflösung als der Vorgänger. Statt Megapixeln dienen bei Lichtfeldkameras sogenannte Megarays als Auflösung, beide Werte lassen sich aber nicht miteinander vergleichen. Die Lytro Illum setzt 40 dieser Megarays ein, die erste Lytro-Generation schaffte nur elf. Das macht sich bemerkbar: Die Bilder sind größer, viel detaillierter und erzeugen einen besseren räumlichen Eindruck.
Damit Sie sich den Effekt besser vorstellen können, haben wir sieben mit der neuen Lytro-Kamera aufgezeichnete Bilder in einer Galerie angehängt. Fahren Sie mit dem Mauscursor über ein Bild, verlagert sich der Bildausschnitt. Mit einem linksklick können Sie die Schärfe verlagern, mit einem Doppelklick oder mit dem Mausrad kann gezoomt werden.
Auf der SD-Karte wird's schnell eng
Das große 8fach-Zoomobjektiv reicht von 30 bis 250 Millimetern und hat eine durchgängige f/2.0 Blende. Der Akku ist nun austauschbar, außerdem kann der Speicher der Lytro Illum via SD-Karte erweitert werden. Das ist auch nötig, denn eine 3D-Aufnahme nimmt fast 40 Megabyte in Anspruch. Bei einer 16-Gigabyte-Karte ist dann nach wenigen hundert Aufnahmen Schluss. Selbstverständlich kann die Lytro Illum auch klassische 2D-Fotos knipsen, allerdings mit einer geringeren Auflösung.
Teurer Spaß für ambitionierte Fotografen
Neu ist der um 100 Grad klappbare Vier-Zoll-Touchscreen, der sowohl als Sucher und Display zur Nachkontrolle fungiert. Die Bedienung ähnelt der eines Smartphones, mittels verschiedener Gesten kann man sich schnell durch das Menü bewegen. Praktisch: Über eine Funkverbindung können Smartphones die Lytro Illum fernsteuern oder die Einstellungen verändern. Fotos kann man von der Kamera direkt in soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter laden.
Trotz der großen Fortschritte ist die neue Generation der Kamera nicht perfekt: Einen Videomodus hat die Illum nicht. Laut Firmenchef Jason Rosenthal arbeitet das Unternehmen aber bereits an einer Lösung. Möglich, dass die Kalifornier als nächstes Produkt eine Lichtfeldvideokamera auf den Markt bringen. In den nächsten fünf Jahren wird die Technik auch in Smartphones und Tablets eingesetzt werden, glaubt Rosenthal.
Die Lytro Illum richtet sich vor allem an ambitionierte Hobbyfotografen und Profi-Anwender. In Deutschland kostet die Illum 1599 Euro, im Juli soll das Gerät hierzulande auf den Markt kommen. Das ist kein Schnäppchen, dafür ist man aber in der Lage, Bilder zu knipsen, die so mit keiner anderen Kamera möglich wären.
Der Autor Christoph Fröhlich auf Google+