Digital fit werden Digitalführerschein: Müssen Sie für das Internet jetzt eine Prüfung ablegen?

Eine Frau sitzt am Computer
Lernen fürs Internet: Bislang darf noch immer jeder das World-Wide-Web benutzen. Etwas darüber zu wissen, kann aber nicht schaden.
© Laurence Dutton / Getty Images
Die Spots für den "Digitalführerschein" laufen im Fernsehprogramm zur besten Sendezeit. Braucht man jetzt für's Internet einen echten Führerschein? Oder für wen eignen sich die Prüfungen und Zertifikate? Der stern hat alle Prüfungen bestanden und verrät Ihnen, was Sie erwartet.

Werbung für den "Difü" ("Digitalhrerschein") läuft zum Beispiel in den Pausen von "Germany's Next Topmodel". Sogar das Logo des Bundesministeriums des Innern und für Heimat ist zu sehen. Ein richtiger Führerschein also? Und muss man ihn machen? Kurz: Nein, die Teilnahme an den Prüfungen ist freiwillig, kostenlos und bisher gibt es keine offiziellen Stellen, bei denen man den Besitz der aktuell drei Zertifikate nachweisen muss. Hinter dem "Difü" steckt die Initiative "Deutschland sicher im Netz", ein gemeinnütziger Verein aus Berlin unter Schirmherrschaft des Innenministeriums. Seit Ende Februar ist das Projekt live, in Kooperation mit ProSiebenSat.1 soll die Webseite über verschiedene Werbeclips bekannter gemacht werden.

Die Frage, was der "Digitalführerschein" eigentlich ist, beantwortet der herausgebende Verein umfassend: "Der "Dsin-Digitalführerschein" ("Difü") ist ein bundesweit einheitliches Weiterbildungs- und Zertifizierungsangebot mit Fokus auf relevante Themenbereiche rund um den digitalen Alltag. Gefördert durch Mittel des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) hat Deutschland sicher im Netz e. V. den "Difü" entwickelt, um ein Format zu schaffen, dass den Stand der individuellen digitalen Kompetenz aufzeigt und für Dritte (wie beispielsweise Arbeitgeber:innen) nachvollziehbar macht."

Fast wie eine echte Führerscheinprüfung

Tatsächlich ist das Angebot des Digi-Lappens ähnlich aufgebaut, wie man es vom echten Führerschein kennt. Es gibt Lernmaterial aus den Gebieten "Geräte", "Internet", "Kommunikation", "Datenwelt", "Gefahrenschutz" und "Technologiealltag". Für jeden Bereich gibt es drei Teilprüfungen, insgesamt lassen sich drei unterschiedlich schwierige Abschlussprüfungen mit Fragen aus allen Themengebieten ablegen. Wer besteht, erhält zum Abschluss ein Zertifikat mit der Angabe des erreichten Levels und auf Wunsch sogar eine Verifikation, die sich per QR-Code-Scan aufrufen und nachverfolgen lässt.

Die Fragen sind denkbar simpel gestaltet, richten sich auch im höchsten Level eher an Einsteiger. So müssen Sie sich zum Beispiel entscheiden, ob eine E-Mail über einen unbekannten Onkel aus Afrika, dessen Erbe Sie nun antreten sollen, ein Grund zur Freude ist, oder nicht. Oder sie müssen entscheiden, wie ein sicheres Passwort im besten Fall aussehen sollte. Nur ganz wenige Fragen sind rein technischer Natur, meist geht es um Cybersicherheit und den richtigen Umgang mit vermeintlichen Gefahren im Internet und wie man sich davor schützen kann.

Leider tauchen auch in der Prüfung des vermeintlich schwierigsten, dritten Levels Fragen aus dem Fragebogen des einfachsten, ersten Levels auf. Das verwässert den Anspruch der unterschiedlichen Stufen und die Aussagekraft der Zertifikate arg. Die Prüfungen dauern rund 20 Minuten pro Level, gut vorbereitet sollten alle Scheine in einer Stunde zu holen sein.

Lernmaterial eher für sehr junge oder ältere Menschen

Nützlich ist die Plattform aber, um gängige Begriffe wie "NFC", "Scam", "Doxxing" oder "Content Management System" zu lernen – alles wird einfach erklärt. Die Lektionen werden zum Teil durch Videos begleitet und von den drei "Held:innen im Internet" "Mo", "Toni" und "Kai" erklärt.

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Nach Abschluss aller Level ist uns klar: Der "Digitalführerschein" richtet sich nicht an Profis oder "Digital Natives", sondern an sehr junge Menschen oder eben ältere Personen, die im Umgang mit dem Internet noch unsicher sind und daher anfällig für Betrugsversuche sein können. Die Zertifikate sind eine nette Beigabe, erfüllen jedoch keine konkrete Aufgabe. Beim Herausgeber wirbt man zwar mit den Worten: "Sei bereit für einen digitalen Arbeitsalltag und verschaffe dir einen Vorteil durch das "Difü"-Zertifikat", ob aber jemals ein Arbeitgeber wirklich danach fragt oder etwas damit anfangen kann, wird die Zeit zeigen.

Das Lernprogramm und die Abschlussprüfungen finden Sie direkt auf der Webseite des Vereins. Die Teilnahme ist kostenlos, zu keiner Zeit werden Sie um eine Zahlung gebeten. Die Mittel für den Betrieb stammen vom Bund, nach Angaben einer Kleinen Anfrage der FDP fördert das Innenministerium den "Digitalführerschein" mit rund vier Millionen Euro über vier Jahre, berichtet das Fachmagazin heise.

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