Handys machen Krebs. Und wenn nicht, töten sie die Zeit der immer dümmeren deutschen Kinder und Teenager. Neben grenzdebilen Minderjährigen und profilneurotischen Wichtigtuern jenseits des 16. Lebensjahres hat die Industrie nun eine weitere Klientel entdeckt.
Jetzt sind sie dran: die Alten. Extra entwickelt: das Seniorenhandy mit extragroßer Tastatur und Minibildschirm, der weitaus weniger winzig ist als das, was man von herkömmlichen Geräten kennt. Die, sagen Experten, seien den Silberlocken ohnehin nicht zuzumuten. Wohl wahr: Mit gichtgekrümmten Fingern braucht es mehrere Wochen, um eine Nummer zu wählen. Aber nun soll alles gut werden, versprechen einige Hersteller.
Cassa, marsch: Es war nur eine Frage der Zeit, schließlich hat die Generation 50 plus die Taschen voll. Milliarden, einzig und allein da, um den Golden Girls und Boys aus eben jenen gezogen zu werden. Die Chancen stehen besser denn je, da die neuen Alten immer älter werden, zwar arbeitslos sind, aber trotzdem beschäftigt sein wollen.
Thomas Hirschbiegel
Kolumnist für stern.de seit 1997 - und das H der H&A medien: Redaktion, Public Relations und Online-Konzepte.
Irgend etwas muss man ja tun
Und so sitzt der durchschnittliche deutsche Rentner in seiner Luxusresidenz und langweilt Tag für Tag Löcher in die Luft. Derweil sein Konto aus allen Nähten platzt. Mit Seniorenreisen, die jedoch nicht so heißen, krabbelt die Tourismusbranche schon seit einiger Zeit an den Portmonees. Es funktioniert, warum auch nicht: Immer weniger Alte wollen die letzten 30 Jahre ihres Lebens vor dem Fernseher vertrocknen. Das geht viel unterhaltsamer auf Kurzreisen durch die deutsche Entwicklungszone oder Abenteuerurlaub rund ums Mittelmeer in bizarren Clubs, wo man die ganze Zeit mit lächerlichen Kügelchen Drinks und Handtücher bezahlt und zum Schluss erfährt, dass man allein wegen der Kügelchen ein paar tausend Euro ärmer ist.
Was wiederum den durchschnittlichen Greis nicht sonderlich grämt. Hat er schließlich alles am nächsten Tag bereits vergessen. Nach genau diesem Schema wird dann auch die nächste Reise gebucht. Und alles geht so weiter, bis der Schöpfer zum finalen Kofferpacken bittet. Bis dahin lässt sich es nicht nur gut verreisen, sondern auch vergessen. Beispielsweise wo das nagelneue Seniorenhandy mit den riesigen Tasten und dem tollen Minibildschirm hingelegt wurde. Eben war's doch noch da, oder nicht?