Interview Samsung-Chef TM Roh: "Die Ära der Smartphones ist nicht vorbei"

Samsung CEO TM Roh
 Dr. TM (Tae-moon) Roh ist Vorsitzender und Chef der Mobile-Sparte bei Samsung Electronics.
© Samsung
Samsung ist der größte Smartphone-Hersteller der Welt. Für Samsung Electronics arbeiten insgesamt über 270.000 Menschen. Einer, der das Reich zusammenhält, ist Mobile-Chef TM Roh. Der stern konnte in Südkorea mit dem Topmanager sprechen, der die Zukunft von Samsungs Smartphone- und Tablets federführend bestimmt.

Einen Mann wie TM Roh kriegt man nicht so leicht zu fassen. Zeit ist knapp. Zeit ist Geld. Der Topmanager, der seit 2020 Samsungs oberster Smartphone-Mann ist, gilt als einer der einflussreichsten Manager des Elektronikkonzerns. Das zeigen schon die Zahlen derer, die ihm quasi unterstehen. Alleine am größten Samsung-Standort für Design und Forschung, der Samsung Digital City, arbeiten über 37.000 Menschen für jene Ziele, die TM Roh vorgibt.

Die Zukunft ist für TM Roh falt- und klappbar – das hat er beim Galaxy Unpacked (hier erfahren Sie mehr) zuletzt sehr deutlich gemacht. Mit dem Galaxy Z Fold 5 und dem Flip 5 ist es dem Unternehmen endlich gelungen, ein lückenloses Design auf die Beine zu stellen, das die Gerätegattung noch salonfähiger, ja eigentlich massentauglich machen soll. Zumindest für das Flip 5 ist das wohl gelungen, wie der Test zeigt (hier erfahren sie mehr).

Von trauter Zweisamkeit keine Spur

Aber wie sieht sie aus, die Vision von TM Roh? Das wollte der stern von ihm im Vier-Augen-Gespräch erfahren. Daraus wurde nichts. Zum Gespräch mit dem Samsung-Chef nach Seoul hatte man – wohl aus Zeitgründen – gleich mehrere Journalisten auf einen Schlag eingeladen, die dem Tech-Guru nach einer kurzen, aber freundlichen Begrüßung ihre Fragen stellen durften.

Aus dem privaten Fachgespräch war eine Art Pressekonferenz geworden, in der Branche als "Roundtable" bekannt. Das ermöglicht es zwar vielen Menschen teilzunehmen, aber lässt eben keinen Raum für Rückfragen oder kritisches Nachbohren. Für den Gastgeber gut, für einen Journalisten mit langem Fragenkatalog eher schlecht. Doch trotz der Klassenraum-Atmosphäre hat sich TM Roh für jede Frage Zeit genommen und gab sich viel Mühe, diese auf koreanisch zu beantworten. Zwischen Fragenstellern und dem Manager vermittelte eine Übersetzerin mit offensichtlich schneller Schreibe.

Als größer Smartphone-Hersteller der Welt ist Samsung besonders betroffen, wenn es um weitreichende politische Entscheidungen in Kernmärkten geht. Und in der EU ist man derzeit eifrig dabei, den Technik-Konzernen das Leben schwer zu machen. An der Forderung, ab dem kommenden Jahr nur noch USB-C verbauen zu müssen, muss sich Samsung aber nicht stören – der Anschluss gehört ohnehin zum Standard im Hause. Das ist Apples Problem. Kompliziert wird es, wenn es darum geht, dass Batterien in den Geräten austauschbar werden müssen. Wie plant Samsung das ein, wenn doch besonders die knick- und faltbaren Geräte so designed sind, dass an eine Serviceklappe für den Tausch von Bauteilen eigentlich nicht zu denken ist?

Die Zukunft ist falt- und klappbar

TM Roh hat darauf eine einfache Antwort. Er erklärt: "Wenn es sich um die gleiche Art von Kerntechnologie oder die gleiche Art von Struktur handeln würde, wie wir sie bei den austauschbaren Batterien von früheren Feature-Phones hatten, könnten sie auf den aktuellen faltbaren Modellen nur schwer angewendet werden. Daher versuchen wir, die Entscheidung und die Anforderung mit minimalen Auswirkungen auf das Design zu erfüllen – neue Technologien und Akkus werden das möglich machen." Samsung spreche aber auch aktiv mit der EU, fügt er hinzu – vielleicht findet man ja einen Kompromiss.

Dann geht es zum Zahlen. Der Manager verkündete vor dem Gespräch, dass man mit faltbaren Geräten jetzt in die Masse will. 30 Millionen Exemplare sollen es bis Ende des Jahres sein. Marktforschung, so TM Roh, würde zeigen, dass der Bedarf in den kommenden fünf Jahren nochmals deutlich steige. "Unser Glaube daran, dass das faltbare Telefon eine wichtige Rolle spielen würde, hat sich als richtig erwiesen", schwärmt er. Noch untermauern das die harten Verkaufszahlen zwar nicht, aber zumindest die Prognose geht anscheinend in die richtige Richtung.

Woran Samsung den Glauben festmache, dass die Menschen faltbare Geräte unbedingt wollen, fragt jemand. Für TM Roh ein gefundenes Fressen, die Antwort hatte er offenbar schon vorher im Kopf: "Es entspricht unserer menschlichen Natur: Wir haben Tausende von Jahren lang Bücher geöffnet und geschlossen, daher erscheinen uns faltbare Geräte natürlich. Deshalb denke ich, dass die Technologie diesem Weg folgen muss." Samsungs Top-Mann geht noch einen Schritt weiter: "Im mobilen Bereich denke ich daher, dass es faltbaren Technologien auch für andere Kategorien wie Tablets und Laptops geben wird." Entsprechende Geräte hat Samsung bisher nicht gezeigt, wird es aber wohl.

Das wirft die Frage auf, ob sich die Geschichte des klassischen Smartphones dem Ende neigt. Immerhin sieht man es bei nahezu jeder Neuvorstellung: Die Hardware wird etwas schneller, die Kamera etwas schärfer, der Rand etwas dünner – aber im Grunde kann man auch mal drei oder vier Jahre kein Smartphone kaufen – und verpasst nur wenig.

Die Welt wird das Smartphone so schnell nicht mehr los

Für TM Roh hat das klassische Smartphone aber noch lange nicht ausgedient: "Die Ära der Smartphones ist nicht vorbei. Es könnten zwar neue Arten von Begleitgeräten entstehen, aber das Telefon wird immer eine Art Basis für eine nahtlose Konnektivität all dieser Erweiterungen sein. Solange es Innovationen in den verschiedenen Produktkategorien gibt, werden sich diese nicht kannibalisieren. Es ist wichtig, dass wir die zentralen Charakteristika jedes Geräts verstehen. Solange wir uns auf die Hauptmerkmale jedes Geräts konzentrieren und diese für die Nutzer weiterentwickeln, denke ich, dass sie weiterhin für sich selbst relevant bleiben werden." Was das für Falt-Smartphones wie das Fold 5 und kleinere Tablets bedeutet, führte er nicht aus – hier muss es unweigerlich zu einer Art Kampf ums Überleben kommen.

Auch neuere Smartphones, die seit Jahren immer teurer werden, sieht TM Roh trotz längerer Haltbarkeit der Endgeräte nicht in Gefahr. Insbesondere der Gebrauchtmarkt für generalüberholte Geräte macht ihm keine Sorgen. Roh sieht bei den Zielgruppen wenig bis keine Überschneidung und geht davon aus, dass Premium-Käufer sich nicht mit einem Second-Hand-Telefon begnügen und andersrum preisbewusste Kunden keinen zweiten Blick auf das Luxus-Segment werfen.

Hier rächt sich die Knappheit der geselligen Runde und die fehlende Möglichkeit, kritisch nachzuhaken. Denn TM Roh erwähnt explizit die längeren Haltezeiten von Smartphones aus dem Premium-Segment. Das muss sich irgendwann mit den Zielvorgaben beißen, die das Unternehmen sich bei neuen Geräten macht. Wer jahrelang versorgt ist, steht dem Markt als Käufer nicht zur Verfügung. Wie Samsung damit umgehen will – man hätte es wissen wollen, erfuhr es aber nicht. Wie so vieles.

Transparenzhinweis: Diese Reise nach Südkorea sowie die Berichterstattung vor Ort erfolgte auf Einladung von Samsung Electronics.

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