Seit diese schuhkartongroße Box an der Wand seines Kellers hängt, spricht Alexander Martzinek nur noch von "vorher" und "nachher". Vorher, das war die Zeit der Verschwendung, an die sich der Familienvater aus Wuppertal und seine Frau nur ungern erinnern. "Was haben wir blind Strom vergeudet", sagt Yvonne Martzinek.
Dann, vor rund einem Jahr, fanden die Martzineks ein Schreiben ihres Elektrizitätsanbieters Yello Strom im Briefkasten. Stromsparen versprach es. Es wurden Testkunden für einen intelligenten Stromzähler gesucht. "Sparen? Warum nicht", dachte sich die Familie. So wurde sie zu einem von 1000 Pilothaushalten, die erproben, womit deutsche Energieanbieter den Strommarkt modernisieren wollen. "Mit einem digitalen Stromzähler können unsere Kunden zu jeder Zeit genau sehen, wann sie wie viel Strom verbrauchen - und vor allem, welche Geräte am meisten Energie fressen", sagt Yello-Geschäftsführer Martin Vesper. Die alten Zähler können so etwas nicht: Nach ihrem mehr als 100 Jahre alten Funktionsprinzip dreht sich 24 Stunden am Tag eine Scheibe, je nach Verbrauch schneller oder langsamer. Mehr nicht.
Unkompliziert und genau
Voraussetzung für den neuen Durchblick beim Stromverbrauch ist neben dem schlauen Zähler nur ein Anschluss an das Internet. "Der Techniker war nach einer guten halben Stunde wieder weg", sagt Martzinek. Seither schickt der Zähler über seine eingebaute Webseite im Viertelstundentakt die Verbrauchsdaten der Familie per Internet zur Yello-Zentrale. Grob geschätzte Abschlagszahlungen und furchterregende Nachzahlungen am Jahresende gibt es für die Martzineks seitdem ebenso wenig wie einen Termin zum Stromablesen: Jeden Monat bezahlt die Familie exakt die Strommenge, die sie tatsächlich verbraucht hat.
"Wir können so besser mit unserem Geld planen", sagt Vater Alexander. Zudem sieht nicht nur das E-Werk die aktuellen Verbrauchsdaten: Auf seinem Laptop kann Martzinek den Stromverbrauch sekundengenau vom Zähler abrufen. Ein Druck auf den Lichtschalter, und schon schnellt die Kurve auf dem Bildschirm um 60 Watt nach oben. Zwei Klicks später weiß Martzinek, dass die Küchenleuchte, ließe er sie jeden Tag zwölf Stunden brennen, beim derzeitigen Strompreis 53 Euro und 82 Cent im Jahr kostete.
"Wer das so schwarz auf weiß sieht, lässt sein Licht wahrscheinlich nie mehr aus Versehen an", sagt Vesper. Familie Martzinek hat ihren Haushalt inzwischen komplett auf Energiesparlampen umgestellt. Der Kaffeevollautomat und die Stereoanlage werden nur noch eingeschaltet, wenn sie wirklich genutzt werden. "Unglaublich, wie viel Energie der Stand-by-Betrieb kostet", sagt Martzinek.
Vorteile für alle Beteiligten
Genau das ist der Effekt, den die Einführung des Zählers laut Yello bringen soll: Bewusstsein für den eigenen Energieverbrauch schaffen. Und die Energieversorger handeln dabei durchaus nicht uneigennützig. Denn auch ein Stromverkäufer kann profitieren, wenn seine Kunden sparen: Bei deutschlandweitem Einsatz des intelligenten Zählers müssten die Energiekonzerne seltener teure Spitzenlast-Kraftwerke zuschalten. Sie könnten den Strom in Zeiten niedrigen Verbrauchs minutengenau billiger anbieten, etwa in der Nacht. So würde der Bedarf gleichmäßiger über den Tag verteilt, was die Versorger entlastete.
So hat auch EnBW, Yellos Mutterunternehmen, die neuen Zähler mit 1000 Testkunden ausprobiert. Beide Unternehmen wollen die Technik noch in diesem Jahr bundesweit anbieten - für weniger als 100 Euro, so Yello-Chef Vesper. Der Energieriese RWE baut seit Juli in 100.000 Haushalten in Mülheim neue Geräte ein. Von 2010 an wird der intelligente Stromzähler zur gesetzlich vorgeschriebenen Ausstattung in jedem Neubau und bei umfassenden Haussanierungen. Für Altbauten muss er dann zumindest angeboten werden. Von 2011 an müssen die Versorger von der Tageszeit oder dem Energieangebot abhängige Tarife anbieten.
Die Martzineks konnten ihre Stromkosten innerhalb von zwei Monaten von 140 Euro auf 80 drücken, in einem Jahr hatten sie 600 Euro gespart. "Davon sind wir eine Woche an die Ostsee gefahren", sagt Alexander Martzinek.