Was für ein Jahr! In den USA wird mit Barack Obama ein neuer Hoffnungsträger für die ganze Welt gewählt, China steht mit Olympia und dem Aufstand der Mönche im Rampenlicht, in Österreich fliegt mit dem Fall Fritzl ein Jahrhundert-Verbrechen auf. Und die Finanzkrise bringt die ganze Weltwirtschaft ins Wanken. Kein Zweifel: 2008 wird uns als Jahr großer Ereignisse und Veränderungen in Erinnerung bleiben. Wir zeigen in dieser Ausgabe die besten Bilder, die wir zusammentragen konnten. Erzählen die interessantesten Geschichten, die wir recherchieren konnten. Und drucken ganz besondere Interviews. Zum Beispiel eines mit Franz Müntefering.
Er war als Vizekanzler zurückgetreten, um seine krebskranke Frau Ankepetra daheim in Bonn auf dem letzten, schweren Weg in den Tod zu begleiten. Öffentlich hat er bisher immer nur sehr ausweichend über diese Zeit geredet. Er sei ein "Alleiner", hat er sich einmal treffend charakterisiert. Ein Mann, der vieles mit sich selbst ausmacht. Umso erstaunlicher ist das stern-Interview, das Andreas Hoidn-Borchers und Jens König jetzt mit dem neuen alten SPD-Vorsitzenden geführt haben. In seinem Büro im Willy-Brandt-Haus erzählte Müntefering ungewöhnlich offen über sein Dasein als "Oberpfleger", über die enge Verbindung zu seiner Frau, über die schweren Monate, die er zugleich als "Privileg" empfunden habe - aber auch über den stillen Machtkampf mit Kurt Beck, der letztlich zu dessen Ablösung als SPD-Chef und Münteferings politischem Comeback führte. "Tot sein ist nicht schwer, Sterben kann schwer sein" ist der Titel des Interviews, das auf Seite 114 beginnt.
Die Wirtschaftskrise verschärft auch die Krise vieler Medien, weil Leser und Werbekunden ins Internet abwandern. In den USA kämpfen erste Verlage ums Überleben, auch in Deutschland wird fast überall gespart. Für uns war 2008 trotz allem ein erfolgreiches Jahr. Mit 7,5 Millionen Lesern jede Woche ist und bleibt der stern das meistgelesene aktuelle Wochenmagazin in Deutschland. Und wir sind stolz darauf, dass 2008 so viele stern-Kollegen wie noch nie Preise eingeheimst haben. Gerade erst hat eine 50-köpfige Jury Markus Grill aus dem Ressort Politik und Wirtschaft und Malte Arnsperger von stern.de zu "Journalisten des Jahres 2008" gewählt. Sie hätten mit der Aufdeckung des Lidl-Skandals "in vorbildlicher Rechercheleistung" die beispiellose Bespitzelung von Mitarbeitern publik gemacht. Die gleiche Jury wählte auch stern-Autor Arno Luik zum "Kulturjournalisten des Jahres" wegen seiner Interviews, die er "als Meister dieses Faches führt". Als herausragend wertete die Jury sein Gespräch mit Inge Jens über die Alzheimer-Erkrankung ihres Mannes Walter Jens: "Ich sehe seinem Entschwinden zu" (stern Nr. 15/2008).
Herzlichst Ihr
Thomas Osterkorn