bochum Eine schöne neue Arbeitswelt

SPD-Politikerin Ute Vogt stellte sich Bochumer Studierenden

SPD-Politikerin Ute Vogt stellte sich Bochumer Studierenden

»Politiker haben aufgrund ihres ,anderen' Lebens einen verfälschten Blick auf die Realität.« Ute Vogt zeigte sich verständnisvoll für die Arbeitssituation des durchschnittlichen Bundesbürgers, der oftmals wenig flexibel und gebunden ist. Gemeinsam mit dem Juso-Vorsitzenden Benjamin Mikfeld und Prof. Dr. Heiner Minssen vom Institut für Arbeitswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum diskutierte die SPD-Vorsitzende von Baden-Württemberg und stellvertretende Vorsitzende der Programmkommission der SPD mit Bochumer Studierenden über die Zukunft des Arbeitens.

»Viele Leute haben Angst vor der Zukunft und dem, was sie mit sich bringt«, verdeutlichte Vogt die Haltung vieler »Durchschnitts-Arbeitnehmer« gegenüber Globalisierungstendenzen und flexibleren Beschäftigungsverhältnissen. Auf der Podiumsdiskussion der Juso-Hochschulgruppe Bochum im Rahmen sozialdemokratischer Hochschuldiskurse versuchte Vogt die von ihrer Partei vertretene Position zu verdeutlichen: »Wir brauchen Modelle, die soziale Absicherung schaffen - und das auch für diejenigen, die weniger erfolgreich sind.« Ute Vogts Wunsch: Eine Gesellschaft, die trotz zunehmender Individualisierung am Gemeinschaftsgedanken festhält und diejenigen, die nicht mithalten können, trotzdem einbindet und nicht ins Abseits stürzen lässt.

Probleme tauchen nach Meinung der SPD-Politikerin immer dann auf, wenn Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen aufeinander prallen. »Freizeit und Erwerbstätigkeit müssen auch in Zukunft gleichberechtigt nebeneinander bestehen«, gab Vogt zu bedenken. Es könne nicht sein, dass Computer-Freaks in der New Economy Tag und Nacht arbeiteten und dabei gegen von Gewerkschaften ausgehandelte Arbeitszeitmodelle verstießen. Trotzdem dürfe die individuelle Zukunft eines jeden nicht vorweggenommen werden: »Die Leute müssen die Wahl haben, sich für einen bestimmten Lebensentwurf zu entscheiden.«

»Es kommt darauf an, was man daraus macht!« Professor Minssen fasste seine Vision eines Arbeitsmarktes der Zukunft in vier Thesen zusammen. Erstens sei mit einem Ende der Berufsbiografien zu rechnen, die von Anfang bis Ende nur einen Job beinhalten. Zweitens komme es zu einer Ökonomisierung der eigenen Arbeitskraft: »Die Leute werden zum Beispiel für mehrere Unternehmen gleichzeitig tätig sein.« Drittens sei breitere Bildung, aber auch permanente Weiterbildung und weniger eine Spezialisierung auf einen sehr engen Bereich gefragt. Als letzten Punkt nannte der Arbeitswissenschaftler Kooperation und Teamfähigkeit als Schlüsselqualifikationen für eine erfolgreiche Berufsbiografie der Zukunft.

Wenig hilfreiche Tipps für einen erfolgreichen Start in Berufsleben bekamen die anwesenden Studenten von Anja Kruke, ehemals Studentin an der RUB und jetzt in der Wissenschaft tätig. »Man muss sich rechtzeitig platzieren«, gab die Referentin zu bedenken. Zudem seien breiteres Allgemeinwissen und vor allen Dingen eine Menge Kontakte gefragt. Alles in allem eine »schöne neue Arbeitswelt«, resümierte die ehemalige Studentin, von einer genauen Tätigkeitsumschreibung fehlte jede Spur.

Als wenig erfreulich kann zudem der Verlauf der Diskussionsrunde bezeichnet werden. Die Referenten wurden oftmals nicht konkret genug, Zwiegespräche prägten das Bild. Vielleicht hatte Ute Vogt aber auch Angst davor, ihre Vorstellungen einer zukünftigen Arbeitswelt auf den Punkt zu bringen. Immerhin gab sie zu Beginn der Debatte zu bedenken: »Politiker leben mit einer Schere im Kopf, nicht so konkret zu werden, um nicht später auf einige Schlagworte reduziert zu werden.« (sf)

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