Die Juristenausbildung in Deutschland gilt als praxisfemd und veraltet. Die Folge: Überfüllte Hörsäle, viele Studienabbrecher und arbeitslose Absolventen.
Damit soll nun Schluss sein. Anfang Oktober öffnete in Hamburg Deutschlands erste private Rechtshochschule ihre Tore. Bringt die Bucerius Law School die seit langem fällige Reform der Jura-Ausbildung?
»Wir schaffen den Juristen mit Praxis- und Sozialkompetenz«, verspricht Jürgen Büring, Geschäftsführer der Rechtshochschule. Tatsächlich verbringen die Studenten während ihres vierjährigen Studiums mehrere Monate in Unternehmen und weitere sechs Monate im Ausland. Die Schwerpunkte der Ausbildung liegen in den Bereichen Wirtschaftsrecht und Internationales Recht. Von der Juristen-Ausbildung an staatlichen Hochschulen hält Büring nicht viel. Das Problem: »Die Universitäten können sich ihre Studenten nicht selbst aussuchen.« 40 Prozent der Studienanfänger in Hamburg brechen ihre Jura-Ausbildung wieder ab. Für Büring eine »ungeheure Verschwendung von Ressourcen zu Lasten der ernsthaft Studierenden.« An der Bucerius Law School soll nun vieles besser werden.
100 Studis sind seit Anfang Oktober dabei, für 15.000 Mark pro Jahr. Sie hatten ausreichende Englisch-Sprachkenntnisse (mind. 470 Punkte beim TOEFL-Test) nachweisen können und in einem Vorstellungsgespräch überzeugt. Die Nachwuchsjuristen kommen aus ganz Deutschland, nur etwa jeder Fünfte ist aus Hamburg. Zur Hälfte des Studiums können die Studenten den »Bachelor of Law« machen, nach vier Jahren sind sie bereit fürs Erste Staatsexamen. Sozial Schwächere sollen durch die hohen Kosten des Studiums von insgesamt rund 50.000 Mark nicht benachteiligt werden. »Wer die Studiengebühren nicht sofort aufbringt, kann diese nach dem Studium abzahlen«, verspricht Büring. Er ist sich sicher: »Unsere Absolventen werden nicht arbeitslos.«
Vertreter des Fachbereichs Jura an der Uni Hamburg sind dagegen skeptisch: »Die Profs der neuen Law School sind unerfahren, und die Kosten für die Studierenden eindeutig zu hoch«, so Professor Fritz Haag, Dekan des Fachbereichs Rechtswissenschaft. »Die Law School muss sich erst einmal beweisen.« Den Initiatoren der Bucerius Law School ist diese Kritik unverständlich. Für Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde »beginnt mit dem ersten Trimester der Rechtshochschule gar der Startschuss für den längst fälligen Vergleich zwischen privater und staatlicher Juristenausbildung.« Die Privatschule in Hamburgs City geht allerdings mit einem entscheidenden Finanzbonus in den Wettbewerb. Finanziert wird die Kaderschmiede vom Träger, der ZEIT-Stiftung, und zahlreichen Spenden aus der Wirtschaft. Auf diese wartet der Fachbereich Jura an der Uni seit Jahren vergeblich. (kh)