Hochschulabsolventen Uni und was dann?

Die Zahl der arbeitslosen Hochschulabsolventen ist drastisch gestiegen. Wer einen Job bekommen möchte, sollte bereits während des Studiums Initiative ergreifen.

Jahrelang hat man sich gebildet, gelernt, geschuftet, Prüfungen bewältigt und Abschlussarbeiten verfasst. Zu allem Übel herrschte dann auch noch ständig Ebbe im studentischen Geldbeutel. Zugegeben, viel Freizeit und Spaß waren auch dabei, aber nach Jahren an der Uni fühlt man sich dem Arbeitsalltag gewachsen und will vor allem eins: endlich Geld verdienen. Wenig motivierend sind da die Hiobsbotschaften über die Situation auf dem akademischen Arbeitsmarkt. Besonders dramatisch zeigt sich die Situation in Köln, einem der größten Hochschulstandorte Deutschlands. Am 24. Juli waren 6 518 Akademiker arbeitslos gemeldet, bei 60 583 Arbeitslosen insgesamt. Damit liegt der Anteil der arbeitslosen Akademiker hier bei ungefähr zehn Prozent.

Noch vor 30 Jahren hatten es Hochschulabsolventen wesentlich einfacher. Mit der Wahl eines Studienfachs war in den meisten Fällen der berufliche Werdegang schon vorgezeichnet. Es gab klar definierte Berufe und Wege, wie man diese Berufe erreichte, z. B. Studium, Volontariat, Festanstellung. War bis in die neunziger Jahre ein akademischer Bildungsabschluss einer der sichersten Garanten auf einen Job, hat sich heute die Situation drastisch gewandelt. Im Zuge der allgemeinen Konjunkturflaute und der ständig steigenden Arbeitslosenzahlen sehen sich zunehmend auch Akademiker mit dem Problem der mangelnden Erwerbstätigkeit konfrontiert. Der Einstieg in den Arbeitsmarkt ist gekennzeichnet durch eine rasante Zunahme ungesicherter Rahmenbedingungen im Sinne von Honorarbeschäftigungen, Werkverträgen oder Praktika.

Eigeninitiative gefragt

Auf diese veränderte Ausgangssituation müssen sich die Absolventen einstellen, denn auch in der Flaute gibt es die ein oder andere Nische auf dem Arbeitsmarkt. Hermann Decker, Diplom-Pädagoge und Berater im Hochschulteam des Arbeitsamtes Köln, weiß Rat: "Idealtypisch gilt es, ab der Zwischenprüfung einen Prozess zur Arbeitssuche zu initiieren, bei dem ein hohes Maß an Selbstdefinition in Form von Auslandsaufenthalten, Praktika und anderem erforderlich ist, um die Fähigkeiten für einen spezifischen Arbeitsbereich zu entwickeln. Hier können wichtige Kontakte geknüpft und Netzwerke erschlossen werden, die später einen nahtlosen Einstieg ins Berufsleben ermöglichen." Wichtig ist es laut Decker, offen zu sein, auf andere zuzugehen und herauszufinden, wo es Möglichkeiten gibt. Von den Studierenden wird dabei vor allem ein hohes Maß an Eigeninitiative gefordert. Ein akademischer Abschluss alleine reicht heute nicht mehr aus, er muss durch eine umfassende Selbstaktivität ergänzt werden.

Besonders hinsichtlich der Einstellungssituation müssen Hochschulabsolventen, nicht nur bei den Gehältern, deutliche Abstriche in Kauf nehmen. Ohne Berufserfahrung müssen vor allem bei Bezahlung und Arbeitszeit Abstriche gemacht werden. Wichtig ist es allerdings, den Absprung zu schaffen und sich nicht über einen längeren Zeitraum ausnutzen zu lassen. Hier heißt es Augen und Ohren offen halten und bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit: zugreifen!

Nichts zu verlieren

Ein weiteres Problem, mit dem Jungakademiker konfrontiert werden: Etwa zwei Drittel aller freien Stellen erscheinen nicht auf dem freien Markt, sondern werden unternehmensintern ausgeschrieben oder über Empfehlungen besetzt. Wie sieht nun aber die beste Strategie aus, um an diese Stellen heranzukommen? Für das strategische Vorgehen rät Decker: "Augen offen halten und Kontakte nutzen! Vor allem der Griff zum Telefon bietet ungeahnte Möglichkeiten. Vielleicht kommt man ins Gespräch, erfährt über die Sekretärin von einer vakanten Stelle oder bekommt den Namen des zuständigen Personalchefs. Wichtig ist sich immer vor Augen zu halten: Ich habe als Jungakademiker nichts zu verlieren."

Auch die Chance über Initiativbewerbungen eine Stelle zu bekommen ist nicht zu unterschätzen. Ein großer Vorteil gegenüber ausgeschriebenen Stellen, ist die geringe Konkurrenz. "Das heißt allerdings nicht eine Welle von Bewerbungen wahllos über die Republik zu verstreuen", warnt Decker. "Spätestens nach der vierzigsten Absage ist das Selbstbewusstsein völlig ruiniert, ganz abgesehen von den horrenden Kosten die dabei entstehen. Lieber wenige gezielte, aber überzeugende und am besten durch Telefonate vorbereitete Bewerbungen verschicken." Es lohnt sich auch, Messen zu besuchen, Stiftungen zu kontaktieren oder bei Ministerien nachzufragen. Immer mit der Frage vor Augen: "o gibt es Stellen, die zu mir passen?"

Arbeitsamt bietet Hilfe

Studierende und Jungakademiker sind trotzdem nicht auf sich alleine gestellt. An allen größeren Hochschulstandorten gibt es Hochschulteams, oft sogar direkt an der Uni oder in deren Nähe. Deren Mitarbeiter stehen als Ansprechpartner zur Verfügung, beantworten Fragen, geben Tipps zu Bewerbungen oder klären über finanzielle Unterstützungen seitens der Arbeitsämter auf. Da Hochschulabsolventen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, kommt es ohne Job schnell zu finanziellen Engpässen in der Existenzsicherung. Auch hier gibt es Hilfen vom Arbeitsamt. Zuvor muss man sich allerdings arbeitslos melden. Auch wenn davor im ersten Moment eine Hemmschwelle besteht, stellt die Arbeitslosmeldung einen Rechtsstatus da, der einen befähigt, die Leistungen des Arbeitsamtes in Anspruch zu nehmen. Unter anderem werden Zuschüsse zu Bewerbungskosten gezahlt oder Fahrtkosten zu Bewerbungsgesprächen übernommen.

Für alle diejenigen, die für den Einstieg ins Berufsleben noch unbedingt Berufserfahrung benötigen, sich ein Praktikum aus finanzieller Sicht aber nicht leisten können, bietet das Arbeitsamt Köln ein ganz besonderes Pilotprojekt an: Mit potentiellen Arbeitgebern wird ein Praktikantenvertrag abgeschlossen, in dem sich das Unternehmen verpflichtet, dem Praktikanten Berufserfahrung zu vermitteln und ihm monatlich 100 Euro zu zahlen. Zu diesen 100 Euro schießt das Arbeitsamt noch einmal 500 Euro im Monat hinzu, in der Hoffnung, dass einige Projektteilnehmer nach dem Praktikum von den Firmen übernommen werden. Es lohnt sich auf jeden Fall mit den Beratern eines Hochschulteams Verbindung aufzunehmen und sich frühzeitig über seine Rechte und Pflichten im Falle einer Arbeitslosmeldung zu informieren.

Lohnt ein Studium noch?

In dieser unsicheren Situation der Arbeitsmarktentwicklung stellt sich die Frage, ob sich ein Studium überhaupt noch lohnt oder sogar zwangsläufig in die Sackgasse der Arbeitslosigkeit führt. Seriöse Forscher und Arbeitsmarktanalytiker sind sich einig, dass in Deutschland, wie auch in anderen hochentwickelten Industrieländern, unabhängig von konjunkturellen Zyklen, der Anteil des akademisch vorgebildeten Personals an allen Erwerbstätigen steigt.

Trotz oder vor allem wegen des schwierigen Einstig in das Berufsleben heißt es nicht verzweifeln oder gar den Kopf in den Sand stecken. Vielmehr gilt es schon während des Hauptstudiums die besten Voraussetzungen für einen nahtlosen Übergang in den Arbeitsalltag zu schaffen: Sich zu qualifizieren, zu spezialisieren, Kontakte zu knüpfen und die angeboten Hilfen der Arbeitsämter und Hochschulteams in Anspruch zunehmen. Damit sind die besten Voraussetzungen geschaffen auch in schwierigen Zeiten seinen Traumjob zu finden. Bei den richtigen Bemühungen braucht man dann nur noch eins: ein bisschen Glück!

Björn Woll

PRODUKTE & TIPPS