Der Abend begann damit, dass sich die Wombi von mir überreden ließ, "Dirty Dancing", das Original anzuschauen. "Wenn ich dir damit eine Freude mache", stöhnte sie theatralisch und ließ sich neben mich auf die Couch fallen. Als Patrick Swayze das erste Mal ins Bild kam, seufzte ich wehmütig. "Der gefällt dir?" fragte die Wombi, "der hat doch totalen Sixpack-Speck." Ich zwickte die Augen zusammen und konzentrierte mich auf Johnnys Bauchpartie, konnte aber nichts erkennen, was nicht absolut fantastisch war. "Was meinst du?", fragte ich die Wombi. "Schau", sagte sie und raffte ihr T-Shirt in die Höhe, "da drunter sind theoretisch die Bauchmuskeln". Sie drückte einen Finger in ihren Bauch. "Dein Dirty-Dancing-Typ hat nur oberflächlich trainiert. Den tiefer sitzenden Speck hat er nicht wegbekommen." Ich konnte ihr nicht folgen. Patrick Swayze war in "Dirty Dancing" ein Tanzgott. Einfühlsam, stark, sexy, leidenschaftlich. "Er sieht super aus", sagte ich. "Wenn du meinst", grummelte die Wombi und gähnte, "Geschmäcker sind verschieden." Sie zog noch über die Frisur und das Make-Up von Jennifer Grey her, und als mir bei "Time of Your Life" die Tränen kamen, rückte sie ein Stück von mir ab. "Ich habe den Film sicherlich zwanzig Mal gesehen", schniefte ich. "Oh, Gott", war ihr Kommentar. Ich trocknete mir die Augen.
"So", sagte ich, "damit du siehst, was deine Mutter für eine coole Socke ist, kannst Du jetzt mit ihr IBES schauen." Die Wombi wusste erstaunlicherweise nichts über das Dschungelcamp und ließ sich von mir in der Kurzfassung erklären, worum es geht.
"Das ist ziemlich skurril", sagte ich, "aber auch lustig, manchmal auch traurig. Naja, schau es dir selbst an."
"Wer sind diese Leute?", fragte die Wombi nach fünf Minuten. "Äh", gestand ich, "ich kenne die auch nicht." Wombi: "Wir schauen irgendwelchen Menschen dabei zu, wie sie um ein Lagerfeuer sitzen und sich langweilen. Das ist alles?" Ich stellte in zehn Minuten die erste Dschungelprüfung in Aussicht. Eine Gisele musste in eine Art Kanalsystem mit ekligem Getier kriechen und Sterne sammeln. Die Wombi machte große Augen. "Wieso macht die das? Das ist doch nicht normal." Gisele kreischte herum, während die Moderatoren Sonja und Daniel das Gejammer witzig kommentierten. "Und wer sind die zwei Idioten?", fragte die Wombi, als die Kamera von Gisele zu Sonja und Daniel schwenkte. "Naja, das sind die Moderatoren. Die sagen lustige Sachen, um das Ganze aufzulockern. "Das sehe ich selber auch", keifte mich die Wombi an. Gisele holte fünf Sterne, und die waren ihr eher vor die Füße geworfen worden.
Sonja sagte etwas von Angst überwinden. Gisele sagte, stolz auf sich zu sein. Die Wombi sagte: "Ich packe das alles nicht." Dann stand sie auf und baute sich vor mir auf. "Ist das dein Ernst?", fragte sie. "Wieso schaust du dir diesen Mist an?" Der Olaf kam gerade um die Ecke: "Deine Mutter schaut das seit Jahren." Oh, Gott. Warum tat er mir das an. Entsetzt wollte die Wombi wissen, ob das stimme. Der Olaf war im Türrahmen stehengeblieben, um meine Antwort zu hören. "Ich habe früher darüber geschrieben", sagte ich, "Also manchmal habe ich darüber geschrieben ... Dieses Format ist ein Phänomen. Es zieht die Leute magnetisch an. Ein bisschen wie ein moderner Gladiatorenkampf." Ich redete mich um Kopf und Kragen. "Ein Gladiatorenkampf?", wiederholte die Wombi, "die klauben Plastiksterne aus Würmern. Da kommt kein Löwe um die Ecke."
"Ich werde darüber in meiner nächsten Kolumne schreiben", sagte ich und nickte bestätigend. Zum Glück war gerade eine Werbepause. Ich konnte nichts versäumen. Die Wombi bohrte nach. "Die beim stern haben dir also gesagt, dass Du über diesen Schwachsinn schreiben musst?" Ich nickte jetzt sehr, sehr heftig. "Das ist echt so arg", sagte sie. Die Pause ging zu Ende.
"Ich gehe lieber etwas lesen", sagte die Wombi. "Vielleicht lerne ich sogar etwas für die Schule, damit ich einmal später einen Beruf habe, der nicht daraus besteht über Würmer-TV zu berichten." Ich sagte, dass ich das klug fände.
Als sie ihre Zimmertüre oben zuknallte, holte ich mir aus einem Versteck eine Packung Chips. Der Olaf setzte sich neben mich, fragte, wer "die Leute im Dschungelcamp" seien und langte in die Tüte. Ich zog sie weg. "Denk an deinen Sixpack-Speck", sagte ich, "und jetzt lass mich in Ruhe weiterrecherchieren."