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C. Tauzher: Die Pubertäterin Acht Dinge, mit denen meine Tochter mich wahnsinnig macht. (Bitte weitermachen!)

Teenagerin in unaufgeräumtem Zimmer
Teenager treiben uns häufig in den Wahnsinn. Das muss so sein. 
© Big Cheese Photo LLC / Getty Images
Sie ist chaotisch, vergesslich, ständig am Smartphone, kommt zu spät nach Hause und isst absurde Babynahrung. Die pubertierende Tochter treibt Christiane Tauzher häufig in den Wahnsinn. Hoffentlich macht sie immer so weiter.

>>> Als die Wombi noch klein war, wollte sie immer "Dornröschen war ein schönes Kind" singen. Wenn die Stelle im Lied kam, in dem "die Hecke riesengroß wuchs", streckte sie ihre Ärmchen in die Höhe. Heute, 11 Jahre später, sind es die Kleidertürme in ihrem Zimmer, die bis unter die Decke wachsen.  Zwischen sauberer und schmutziger Wäsche wird da kein Unterschied gemacht. Einmal im Turm, für immer im Turm. Gehen ihr die Unterhosen aus, weil sie zwischen feuchten Handtüchern und zerrissenen Jeans plattgedrückt werden, durchwühlt die Wombi meine Unterwäschen-Lade und nimmt sich, was sie braucht. Macht mich wahnsinnig.

Christiane Tauzher: Die Pubertäterin

Seit die Pubertät unsere Tochter, die Wombi, kurz nach ihrem 13. Geburtstag in ihre Gewalt bekommen hat, halten wir die Fenster geschlossen, damit die Nachbarn nicht die Polizei rufen. Die Pubertäterin ist laut und unberechenbar, wenn sie nicht gerade wie ein Wombat schläft oder isst – was sie zum Glück oft tut.

Die Geschichten, die ich – Journalistin, 41, aus Wien, verheiratet mit Olaf, 46 – hier erzähle, handeln natürlich nicht von der Pubertäterin in meiner Familie. Nein. Sie entspringen meiner blühenden Fantasie oder stammen aus anderen Familien. Dort geht es nämlich arg zu – in den anderen Familien ...

>>> Wenn die Wombi Hunger hat, isst sie nicht den gesunden Eintopf, für den ich Biogemüse geschnippelt habe, das ich extra vom Bauern geholt habe. Nein, den Eintopf am Herd rührt sie nicht an. Sie macht sich einen Schinken-Käse-Toast nach dem anderen, sagt, dass sie in der Schule schon "genug gesundes Zeug" gekriegt hätte und isst zur Nachspeise alle drei Smarties-Joghurts, die ich für ihren Bruder gekauft habe. Meistens schmuggelt sie die Joghurts unter ihrem Pullover in ihr Zimmer, wo ich dann Tage später die leeren Becher samt einbetoniertem Löffel drin finde. Manchmal isst die Wombi auch Babynahrung von Hipp. Lieblingssorte: Kaiserschmarrn mit Apfelmus. Gut püriert ist schnell verputzt. Das sei total gesund, erklärt mir die Wombi. Sonst hätte es die EU ja längst verboten und Herr Hipp säße im Gefängnis. Macht mich wahnsinnig.

>>> Die Wombi macht so gut wie nix für die Schule. "Alles schon erledigt", sagt sie immer oder "nix auf" oder "mach ich morgen" oder "ich bin alt genug" oder "misch dich nicht dauernd ein." Macht mich wahnsinnig.

>>> Wenn die Wombi Samstagabend ausgeht und ihr Handy abgeschaltet ist, macht mich das wahnsinnig.

>>> Wenn sie fünf Minuten bevor sie zuhause sein sollte, eine Nachricht schreibt, dass sie sich jetzt auf den Weg mache - der Weg dauert 45 Minuten - macht mich das wahnsinnig.

>>> Wenn sie sich meine Wimperntusche "unabsichtlich" ausborgt und zwei Wochen lang vergisst zurückzugeben, macht mich das wahnsinnig.

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"Ich sage es jetzt zum allerallerletzten Mal! Storys aus dem fast perfekten Alltag einer Mutter", von Christiane Tauzher, Goldegg Verlag, 14,95 Euro

>>> Wenn sie die ganze Milch leertrinkt, macht mich das wahnsinnig.

>>> Wenn sie ständig am Handy ist, macht mich das wahnsinnig.

Wahnsinnig - wahnsinnig - wahnsinnig - wahnsinnig - wahnsinnig - wahnsinnig - wahnsinnig.

So kann das doch nicht weitergehen. Denke ich. Aufgebracht. Oft. Mit gerauften Haaren. Beklage mich. Stöhne. Seufze. Hadere. Schreie herum. Überfordert.

Dann der Tweet eines Kollegen, dessen neunjähriger Sohn auf dem Schulweg von einem LKW überfahren wurde. Tot. "Vater mit gebrochenem Herzen" steht im Profil.

Ich setze mich auf das Bett meiner Tochter, betrachte die Wäschetürme, den Schreibtisch mit den Schminksachen, die Haargummis auf dem Boden. Drei leere Hipp-Gläser ohne Deckel auf der Kommode.

Danke, denke ich. Demütig. Danke, geliebte Wombi, dass du mich wahnsinnig machst. Bitte. Weitermachen.

Links ein Schülerausweis mit dem nachgestellten Bild des Filmstars, der rechts im Original zu sehen ist.

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