»Weiße Rose«, Idole, Mahnung und Ideale
Es ist manchmal gut, eine Vergangenheit zu haben. Eine mit guten und schlechten Tagen. Auch Münchens Uni besinnt sich da gern - und die schlechten Tage der Uni werden nicht vertuscht. Jene, in denen alle stramm standen, um ihre nationalsozialistische Gesinnung zu zelebrieren.
Nur Sophie und Hans Scholl, ihr Professor Kurt Huber und die ganze übrige Widerstandgruppe der »Weißen Rose« an der Münchner Uni wagten es aufzubegehren. Sie verteilten Flugblätter gegen Hitler, druckten Schriften gegen die nationalsozialistische Herrschaft. Es war der berüchtigte Nazi-Richter Roland Freisler, der den Prozess gegen die Widerstandsgruppe »Weiße Rose« durchexerzierte. Am Ende schickte er sie alle in den Tod. Mit nur einer Begründung: »Die Zeiten, wo jeder mit einem eignen politischen ?Glauben' herumlaufen konnte, sind vorbei!. Es gibt nur noch ein Maß, das nationalsozialistische.« Ein deutscher Jurist war dieser Freisler, auch jemand, der die Weihen einer Universität genossen hatte. Heute heißt der Platz vor der Juristischen Fakultät der LMU »Professor-Huber-Platz«. Zum Andenken an den Ermordeten und zur Mahnung. Wohlwissen, dass sich gerade die »Recht-Sprechenden« im Dritten Reich nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben.
Der zentrale Platz vor dem Uni-Hauptgebäude ist nach den Geschwistern Scholl benannt. Manchen geht die Erinnerung so nicht weit genug. Die Vertretung der Studenten kämpft schon seit Jahrzehnten dafür, dass die Münchner Uni nicht mehr »Ludwig-Maximilians-Universität« heißt, sondern eben Geschwister-Scholl-Universität. Um nicht Herzog Ludwig und König Maximilan I. zu ehren, zwei bayerische Adelige aus dem 15. und 19. Jahrhundert, sondern die Widerstandskämpfer aus jüngster Geschichte. Doch das Ansinnen war bisher völlig vergebens, die Uni ist und bleibt königlich. Wie auch das Land Bayern sich allgemein schwer tut, Büsten von Sophie und Hans Scholl in der Ruhmeshalle der Bayern - der »Walhalla« - aufzustellen.
Aber Erinnerung ans Dritte Reich muss trotzdem sein, denken sie sich - und veranstalten alljährlich im Auditorium Maximum eine Gedächtnisvorlesung »Weiße Rose«. Rektor Andreas Heldrich begrüßt dann Münchner Stadtprominenz und »Seine königliche Hoheit«, den Nachkommen des Bayerischen Königshauses (es ist schließlich eine Ludwig-Maximilians-Universität) - und leitet über zum diesjährigen Festredner: dem ehemaligen israelischen Botschafter in Deutschland, Avi Primor.
Der plädiert für nie endende Erinnerung: »Eine Bevölkerung mit unaufgearbeiteten Erlebnissen ähnelt einem Menschen, der mit einer Leiche im Keller seines Hauses lebt.« Die Erinnerungsarbeit gehe nie zu Ende, sie sei »ein tagtägliches, ein ewiges Ringen.« Einen Schlussstrich gibt es für ihn nicht, denn »Erinnerung ist das Geheimnis der Erlösung«. Sophie und Hans Scholl bleiben also an der Uni - als ewige Mahnung. (af)