Beanstanden die Behörden bei Hartz-IV-Empfängern die Höhe der Miete, müssen sie die Betroffenen nicht von sich aus bei der Wohnungssuche beraten. Es besteht keine gesetzlich vorgeschriebene Aufklärungspflicht, wie das Bundessozialgericht (BSG) am Mittwoch entschied. Wohne der Hilfebedürftige in einer zu teuren Wohnung, reiche es aus, dass die zuständige Arbeitsgemeinschaft (Arge) eine Frist für die Mietsenkung setzt und einen Höchstbetrag festlegt. Werde danach keine Wohnung gefunden, könne die Behörde die Leistungen kürzen.
Wohnung war zu teuer
Im verhandelten Fall bewohnte die Klägerin mit ihrer heute 21-jährigen Tochter eine 80 Quadratmeter große Wohnung bei einer monatlichen Kaltmiete von 398,80 Euro. Die zuständige Arge hielt die Unterkunft für nicht angemessen und verlangte, dass die Hartz-IV-Empfängerin bis zum 1. Juli 2005 eine günstigere Wohnung beziehen sollte. Andernfalls würden die Unterkunftskosten nicht mehr voll übernommen.
Stichwort: Unterkunftskosten
Empfänger von ALG II erhalten neben dem Regelsatz auch Geld für Unterkunft und Heizung. Solche Leistungen werden nicht pauschal gezahlt, sondern in der Höhe der tatsächlichen Kosten. Allerdings werden die Leistungen laut Gesetz nur gewährt, "soweit diese angemessen sind". Bei der Frage der Angemessenheit kommt es immer wieder zu Streit, der häufig vor Gericht ausgetragen wird. Was genau angemessen ist, richtet sich unter anderem nach der Zahl der Bewohner, der Wohnfläche, der Lage auf dem örtlichen Wohnungsmarkt und dem Mietpreisspiegel, wie die Verbraucherzentralen erläutern. Zusätzlich zur Kaltmiete übernimmt die Behörde also auch die Nebenkosten, die vom Vermieter auf die Bewohner umgelegt werden, beispielsweise Kosten für Beleuchtung im Treppenhaus, Müllabfuhr und Abwassergebühren. Auch die Heizkosten werden erstattet, nicht aber Kosten für die Warmwasserbereitung. Sie müssen über die Regelleistung bestritten werden - genauso wie die Ausgaben für Strom.
Die Klägerin hatte jedoch keine neue Wohnung gefunden. Sie bemängelte, dass in ihrem Bescheid nicht ausgeführt worden sei, in welcher Weise und in welcher Intensität sie nach einer Unterkunft suchen müsse. Das Landessozialgericht hatte ihr recht gegeben und in dem Bescheid eine Verletzung der Aufklärungspflicht der Behörde gesehen.
Regierung stockt Wohngeld auf
Die Kasseler Bundesrichter stellten jedoch fest, dass die Arge in dem Bescheid nur eine Frist und den für angemessen befundenen Mietpreis festzulegen habe. Weitere Aufklärungspflichten gebe es für die Behörde nicht. Bestünden beim Hilfebedürftigen Zweifel über die Art und Weise der Wohnungssuche, könne er nur von sich aus nachfragen. Der verhandelte Fall wurde nicht abschließend entschieden. Das Bayerische Landessozialgericht muss erneut die Zumutbarkeit des Umzugs der Klägerin prüfen.
Kleiner Trost am Rande: Die Bundesregierung will künftig das Wohngeld für bedürftige Geringverdiener erhöhen. Das Wohngeld wird um eine "Heizkostenkomponente" ergänzt. Damit sollen die gestiegenen Kosten für Heizung und Energie abgefedert werden. Ziel des vom Bundesarbeitsministerium vorgelegten Entwurfs ist, den Betroffenen zu ersparen, überhaupt Arbeitslosengeld II beantragen zu müssen. Zudem ist eine Anhebung der Miethöchstgrenzen geplant. Bund und Länder müssen mit Mehrkosten in Höhe von knapp 500 Millionen Euro rechnen, dafür werden die Kommunen entlastet.
Aktenzeichen: Bundessozialgericht Kassel B 11b AS 41/06 R