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stern-Weinschule Bordeaux Was Sie über Bio-Wein wissen müssen

Bio-Winzer Adrien David Beaulieu im Interview
Was ist das Besondere an den Bio-Weinen Ihres Weingutes?
Unsere große Besonderheit, hier in Coutet ist, dass wir noch nie chemische Produkte oder Pestizide benutzen haben. Das heißt, dass unsere Böden seit vier Jahrhunderten frei von Chemie, ja geradezu jungfräulich sind. Zusammen mit meinen Cousins sind wir heute die 14. Generation auf Coutet. Und natürlich sind wir unserer Familientradition verpflichtet. Deshalb will ich auch in Zukunft das Gleichgewicht, das wir hier mit der Natur haben, nicht zerstören.
Warum machen Sie biologische Weine?
Als die chemischen Produkte auf den Markt kamen und immer stärker genutzt wurden, war mein Großvater zusammen mit meinem Urgroßvater für das Anwesen hier verantwortlich. Beide waren Naturforscher und Ornithologen. Und für sie war es undenkbar, chemische Substanzen einzusetzen und damit die Umwelt zu zerstören. Denn Coutet zieht seit jeher im Frühjahr und im Herbst viele Vögel an, die auf Wanderschaft sind. In Coutet wurden die Vögel sogar beringt, um ihre Wanderungen zu verfolgen und sie zu studieren – da war es undenkbar, chemische Produkte zu benutzen.
Was heißt Bio eigentlich?
„Bio“ zu produzieren, heißt zuerst mal, etwas auf natürliche Art und Weise zu produzieren, so wie es unsere Vorfahren bis zum Beginn der 50er Jahre gemacht haben. Heute bedeutet Bio, dass man keine chemischen Substanzen einsetzt, sondern nur natürliche Mittel wie Schwefel und Kupfer. Wir verzichten hier auf Coutet auf Pestizide und Unkrautvernichtungsmittel, um so natürlich wie möglich Wein zu produzieren. Das Ziel ist nicht, die Quantität der Produktion zu erhöhen, sondern die Qualität. Um das alles zu überwachen, haben wir europäische Umweltnormen. Diese Normen reglementieren den Bio-Anbau und grenzen ihn ein.
Wie betreibt man ökologischen Weinbau?
Die wichtigste Frage ist natürlich, warum machen das überhaupt. Ganz einfach, wir wollen verhindern, dass Gräser und Unkraut in Konkurrenz zu den Reben stehen und Ihnen wichtige Nährstoffe und Wasser wegnehmen. Dazu gibt es zwei Methoden: Wenn wir Chemie nutzen, geht man relativ schnell durch die Reihen und verbrennt durch die Substanz quasi das ganze Gras und die Pflanzenarten, die zwischen zwei Weinstöcken wachsen. Und dann gibt es die ältere, traditionellere Methode: die mechanische Grasentfernung. Wir hier benutzen dafür ein spezielles Gerät, wie eine Art Pflug, der hinten am Traktor hängt und mit Hilfe von zwei mechanischen Armen die Erde zwischen den Weinstöcken umgräbt. Die Methode ist viel respektvoller gegenüber der Umwelt. Denn im Grunde dreht man nur die Erde einmal um und hält so die Gräser in Schach.
Allerdings ist diese mechanische Methode sehr viel kostspieliger, weil sie mehr Zeit und mehr Arbeitskräfte benötigt. Ein Beispiel: In Coutet haben wir 78 Kilometer Reihen mit etwa 5000 bis 6000 Weinstöcken pro Hektar. Und wir entfernen das Unkraut mit einer Geschwindigkeit von 700 bis 750 Metern pro Stunde. Wir brauchen also etwa 100 Stunden um das gesamte Anwesen mit diesem speziellen Gerät zu beackern. Und diese Aktion muss man bis zu dreimal im Jahr wiederholen.
Bei der chemischen Vernichtung dagegen geht man schnell durch die Reihen, auch zwei bis dreimal pro Jahr, aber schnell. Und dabei schädigt man eben auch die Natur. Es ist also viel intelligenter, das Unkraut mechanisch zu vernichten.
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"Schmeckt nicht, teuer, Unsinn": Vorurteile gegen Bio-Wein gibt es viele. Dabei ist die Qualität gestiegen, der Preis okay und Öko einfach lecker - wie wir auf dem wohl ältesten Bio-Weingut beweisen.
Von Dirk Würtz und Sebastian Pfotenhauer

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