
Spaß verbreiten – an einem dunklen Tag
So wie Rosenthals dunkle Geschichte lange kein Thema in der Öffentlichkeit ist, wird in Deutschland generell über die NS-Zeit viele Jahre vorwiegend geschwiegen. Am 9. November 1978 findet zum ersten Mal in der Bundesrepublik in der Kölner Synagoge eine zentrales, öffentliches Gedenken an die Reichspogromnacht statt, dem Auftakt zum Holocaust 40 Jahre zuvor. Der Zentralrat der Juden – hier Generalsekretär Alexander Ginsburg (vordere Reihe, l.) und der Vorsitzende Werner Nachmann (3. v. l.) – hat Bundespräsident Walter Scheel (r.) und weitere Repräsentanten aus Politik und Gesellschaft in die Kölner Synagoge geladen, Bundeskanzler Helmut Schmidt (2. v. l.) spricht, das ZDF überträgt live. Einer aber, der gerne dabei gewesen wäre, fehlt: Hans Rosenthal. Sein Arbeitgeber war nicht bereit, die 75. "Dalli Dalli"-Sendung zu verschieben, der Moderator muss die spaßige Jubiläumsausgabe moderieren, obwohl er im Vorfeld auf einen anderen Termin gedrängt hatte. Rosenthal wählt dann eine stille Form des Protests: Bei der Aufnahme trägt er einen schwarzen Anzug und eine schwarz-weiß-gestreifte Krawatte – und sagt am Ende den Satz in die Kamera: "Das war unsere Sendung am 9. November 1978". Erst zwei Jahre später wird seine bewegte Lebensgeschichte wirklich publik: 1980 veröffentlicht Hans Rosenthal seine Autobiografie "Zwei Leben in Deutschland".
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