Männer-Camp in der Wildnis Sie schleppen Baumstämme, baden im kalten See, machen Feuer. Besuch bei einem Rudel, das für seine Männlichkeit kämpft

  • von Daniel Hinz
Eine Gruppe von 20 jungen Männern fährt in die polnische Wildnis, um dort ihre Männlichkeit zu entdecken. Was treibt sie an? Und: Muss man sie fürchten? Unser Autor war zu Besuch bei Angelo, Bex und ihren Kameraden.
Männer stehen um eine Fackel
Aufwärmen in der Gruppe: Die jungen Teilnehmer nahe ihrer Ferienanlage in Lubniewice, Polen
© Maximilian Gödecke

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Die Stille des Waldes durchschneidet ein: "RUUUHE." – "Alle auf Position, Kamera läuft", sagt Bex zu Angelo. Angelo, der Anführer, verzieht sein Gesicht, sagt stolz: "Wenn ganz Deutschland sich ins neue Jahr reinsäuft, bin ich mit meinen Brüdern im Wald." 20 junge Männer, durchtrainiert, oberkörperfrei, springen johlend in einem Pulk auf Bex und die Kamera zu. Erster Take. "Ich kraul noch mein Brusthaar nebenbei, das triggert mehr", sagt Angelo, dann rennen sie wieder. Brusttrommelnd, kreischend, muskelflexend. Es hallt durch den Wald.

Uhhhhh.

Eine Gruppe Männer im Wald
Macht euch frei! Angelo posiert für ein Video mit dem Rudel, Bex filmt
© Maximilian Gödecke

Robin und Dan grinsen, pirschen sich an, rangeln einige Sekunden, Haut auf Haut, umarmen sich kurz, lösen sich wieder. Dan zwinkert Robin an, Bex ruft: "Die Umarmung hätte ruhig länger gehen können, cutie patootie." Dann sprinten sie mit den anderen Männern durch das schneeverwehte Feld. Bex, eigentlich Berkan, hält dabei die Kamera, lächelt charmant, ist hier vor allem, um zu drehen. Zwischendurch muss er den Ermahner geben. Für den perfekten Shot. Für die Provokation. Ist angereist aus Berlin, Prenzlauer Berg, seine Gegend. Andere aus Krefeld, Haltern am See, einer aus Wien. Bex macht zum ersten Mal mit bei einem dieser Männertrips, die überall in Deutschland stattfinden, mal auf einem Segelboot, mal in der Eifel.

Dieses Mal woanders. Dieses Mal Polen, Lubniewice, Ferienanlage mit Sauna und Badefass, Anfang Januar. Durchnummerierte Holzhütten, mit Kaminen, mit überdachten Veranden am See. Wo sonst Rentner urlauben, sind 20 junge Männer zwischen 18 und 31 Jahren zusammengekommen. Ihre Regeln: kein Handy, kein Koffein, kein Zucker, kein Alkohol, keine Frauen, kein Kuscheln. Sie nennen sich "das Rudel", und vielleicht wird niemand aus Deutschland gerade so sehr gehasst, jedenfalls von Feministinnen. Tara-Louise Wittwer, Sophie Passmann und andere auf Social Media diskutieren: Sieht so toxische Männlichkeit aus? Sind die gefährlich? Frauenhasser?

Erschienen in stern 10/2024