Benedikt XVI. Projekt Einheit der Christen

Rom rüstet sich für das Großereignis: die Amtseinführung Benedikts XVI. Im Vorfeld geißelt Kardinal Lehmann das verzerrte Bild des neuen Papstes.

Drei Tage vor der feierlichen Amtseinführung von Papst Benedikt XVI. auf dem Petersplatz laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Gerhard Schröder, werden am Sonntag in Rom erwartet. Die Planungen für die Sicherheit der Besucher sind bereits angelaufen, sagte der Leiter des italienischen Zivilschutzes, Guido Bertolaso.

"Als ob ich seine starke Hand fühle"

Zum wichtigsten Ziel seines Pontifikats will Benedikt XVI. die Einheit der Christen machen. In seiner ersten, wegweisenden Predigt im neuen Amt nannte Joseph Ratzinger am Mittwoch den Dialog mit anderen Religionen und den Einsatz für den Frieden in der Welt als weitere Schwerpunkte. In der Sixtinischen Kapelle betonte er die Verbundenheit mit seinem Vorgänger Johannes Paul II.: "Es ist, als ob ich seine starke Hand fühle, die meine festhält."

Nach Jahrhunderten der Trennung reiche guter Wille allein nicht, um die Einheit der Christen zu erreichen. "Konkrete Taten sind notwendig", sagte Benedikt XVI. in der auf Latein gehaltenen Predigt gut 15 Stunden nach seiner Wahl. Spezielle Schritte dazu kündigte der erste deutsche Papst seit fast 500 Jahren allerdings nicht an. Zugleich rief der Papst zu Frieden und Dialog auf.

Zur Amtseinführung am Sonntag seien voraussichtlich die gleichen Sicherheitsmaßnahmen notwendig, wie bei der Beerdigung von Johannes Paul II. am 8. April, sagte Bertolaso. Zum Schutz der Pilger sowie Staats- und Regierungschefs waren damals Luftabwehrraketen in Stellung gebracht worden, zeitweise wurde der Luftraum über Rom komplett gesperrt. "Wir schätzen, dass dieses Mal mindestens eine halbe Million Menschen nach Rom kommen werden", sagte der Zivilschutzleiter.

Der Gottesdienst, mit dem Joseph Ratzinger offiziell sein Amt als Pontifex antritt, soll um 10 Uhr beginnen. Die letzte klassische Krönungszeremonie für einen Papst hatte es 1963 bei der Amtseinführung Pauls VI. gegeben. Seine Nachfolger haben sich jedoch für eine schlichtere Feier entschieden. Es wurde im Vatikan davon ausgegangen, dass auch der neue Papst keine Rückkehr zu alten Traditionen will.

Verzerrtes Bild Ratzingers

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, hat unterdessen davor gewarnt, Papst Benedikt XVI. eine konservative Haltung zu unterstellen, die Weiterentwicklungen der katholischen Kirche ablehnt.

Er habe die vergangenen zwei Jahrzehnte gegen ein verzerrtes Bild von Kardinal Joseph Ratzinger gekämpft, sagte Lehmann am Donnerstag in der ARD. "Wir müssen da gerade auch in Deutschland etwas Kurskorrektur durchführen", sagte Lehmann mit Blick auf Stimmen, die wegen der konservativen Ausrichtung des neuen Papstes die Chancen auf Reformen in der Kirche schwinden sehen.

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Ratzinger gehöre zu den Wegbereitern des zweiten vatikanischen Konzils, sagte Lehmann. Das Konzil bemühte sich in den Jahren 1962 bis 1965 um eine Erneuerung der katholischen Kirche. Es hatte zum Ziel, das Glaubensbekenntnis ohne Verurteilung anders Denkender und ohne Verfälschung des Bekenntnisses dieses zeitgemäßer zu formulieren. Papst Benedikt XVI. habe bekräftigt, dass er das Prinzip des Konzils fortsetzen wolle, sagte Lehmann.

Der Papst habe auch seinen konstruktiven Willen in Richtung Ökumene betont. "Ich glaube, mehr sollte man und kann man wirklich nicht verlangen", sagte der als liberal geltende Kardinal. "Wenn auch da und dort mal verschiedene Einschätzungen waren über pastorale Situationen, kirchenpolitische Perspektiven, so habe ich ihn theologisch immer überaus geschätzt."

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DPA/AP/Reuters