Serie – Teil 2 Meine Geschichte des Jahres: "Es hört nicht auf"

Texte des Jahres: Collage zu Hamza
© stern-Montage: Jesco Denzel / stern (4); Imago Images; Instagram
Das Porträt des vielleicht einsamsten Palästinensers, der dem Nahostkonflikt auch in Deutschland nicht entkommt: In dieser Serie empfehlen Redakteure ihre Lieblingstexte aus 2025.

 "Wohin Howidy in Berlin auch geht, die Hamas war schon da." So lautet ein vielsagender Satz in dem Porträt, das mein Kollege Nicolas Büchse über den jungen Palästinenser Hamza Howidy geschrieben hat, der im Sommer 2023 aus Gaza geflohen war.

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober kritisierte Howidy den Terror der Islamisten ebenso wie israelische Luftangriffe auf Zivilisten. Eine Selbstverständlichkeit, an der viele scheiterten, weil das Feindbild größer war als die Empathie.

Howidy aber ist einer, der sich weigert zu hassen. Und sich gerade deshalb viele Feinde macht.

Nicolas Büchse hat Hamza Howidy mehrfach getroffen, in Berlin und in einer westdeutschen Kleinstadt, wo er in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht ist. Sein Porträt über den jungen Palästinenser erschien Ende Mai unter dem Titel "Es hört nicht auf".

Ich lege Ihnen diese Geschichte ans Herz, weil sie eine Perspektive erzählt, die oft in Vergessenheit gerät.

Hamza Howidy hat in Gaza protestiert, für niedrigere Lebensmittelpreise und Jobs. Unter der Herrschaft der Hamas ist das ein lebensgefährliches Unterfangen. Er wurde festgenommen und in einen Folterknast gesteckt. Sie schlugen ihn mit Stöcken und peitschten ihn mit Stromkabeln aus. Da wusste er, er musste raus aus Gaza.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Hamza Howidy steckt mitten im Nahostkonflikt, auch in Deutschland

"Howidy hatte sich geschworen, die Abgründe und Kämpfe seiner Heimat hinter sich zu lassen", heißt es im Text. "Doch er hat Gaza mitgebracht, er steckt wieder mittendrin im Nahostkonflikt. Diesmal in der Deutschland-Edition."

Während Howidy um seine Freundin in Gaza bangt, während ein Freund von ihm von den Islamisten hingerichtet wird, sieht er in Deutschland immer häufiger die Symbole der Hamas, hört die Parolen seiner Folterer.

Diese Geschichte ist keine "Eigentlich wollen alle Menschen Frieden"-Gefühlsduselei. Weil das nicht stimmen würde. Die Hamas will Israel zerstören, sie will Juden vertreiben und töten. Ihre Anhänger machen daraus auch auf deutschen Straßen und in deutschen Hörsälen keinen Hehl.

Howidy wird angefeindet und bedroht, er gilt als "Verräter" und "Zionist". Wenn er sich für eine Podiumsdiskussion mit Israelis trifft, braucht es Polizeischutz. Einmal sagte er meinem Kollegen: "Manchmal fühle ich mich wie der einsamste Palästinenser auf der Welt."

Menschen wie Howidy könnten ein Vorbild sein, Mut machen. Aber es gibt viel zu wenige von ihnen.