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Fitnessstudio verweigert Mitgliedschaft "Asylbewerber können wir nicht aufnehmen"

Junge Männer aus Syrien wollen im Card Studio in Ravensburg trainieren. Doch als die Angestellten erfahren, dass sie Flüchtlinge sind, verweigern sie ihnen die Aufnahme. Mit äußerst zweifelhaften Argumenten.

Djadi, Hakim, Akim (Namen geändert) und zwölf weitere Männer zwischen 20 und 35 Jahren kommen aus Syrien. Seit einer Woche leben sie in einer Flüchtlingsunterkunft in Ravensburg. Sie würden sich gerne beschäftigen, sagten sie Anfang der Woche zu Frank Herziger, der sich ehrenamtlich um die Flüchtlinge kümmert. Ob sie vielleicht irgendwo trainieren könnten. Sicherlich, dachte der 66-Jährige und ging am Mittwochvormittag in das nahegelegene Card Studio, um sich zu erkundigen. Das Personal war freundlich und erläuterte ihm die Konditionen: 19,90 Euro im Monat - monatlich zahlbar. Klang gut. Doch als Herziger am selben Nachmittag mit den 15 Männern im Fitnessstudio aufschlug, änderte sich der Ton plötzlich. 

"Moment, sind das etwa Asylbewerber?", fragte die Frau hinter dem Empfangstresen, als die Männer in der Tür erschienen. "Ja wieso?", fragte Herziger. "Das geht nicht", sagte die Mitarbeiterin. "Wir dürfen keine Asylbewerber aufnehmen." Schließlich müssten sie dazu einen Einjahresvertrag unterzeichnen, so die Begründung. Wo das Problem läge, fragte Herziger, die Männer seien alle polizeilich in Ravensburg gemeldet und damit vertragsfähig. "Ja aber die haben ja gar kein Konto", argumentierte die Mitarbeiterin. Das stimme nicht, klärte Herziger sie auf. In Deutschland haben Asylbewerber das Recht ein Konto zu eröffnen. "Trotzdem, das geht nicht", versuchte die Clubmitarbeiterin die Diskussion zu beenden. Herziger verlangte nach dem Geschäftsführer. 

"Das Antidiskriminierungsgesetz ist mir egal" 

Die syrischen Männer bekamen von der ganzen Unterhaltung nichts mit. Sie schauten sich im Fitnessstudio um, während Herziger mit der Assistentin der Geschäfstführung verbunden wurde. Als er die Frau auf das Antidiskriminierungsgesetz hinwies, das verbiete, Menschen aufgrund ihrer Herkunft abzuweisen, lautete ihre Antwort: "Das ist mir egal." Außerdem wären die Flüchtlinge im Fitnessstudio dann ja unbeaufsichtigt. Dazu fiel Herziger nichts mehr ein.

"Sie werden von mir hören", sagte er noch, bevor er das Card Studio mit Djadi, Hakim, Akim und dem Rest der Gruppe verließ. Warum sie ohne Anmeldung wieder gehen mussten, das weiß in diesem Moment nur Herziger. Noch hat er es nicht übers Herz gebracht, es den Jungs zu sagen. "Sie hatten sich doch so darauf gefreut". Nun muss er ihnen beibringen, dass man sie in diesem Fitnessstudio nicht haben will. 

Eine Klage hätte gute Chancen

Im Falle einer Klage hätten die jungen Männer gute Karten, sagt Sebastian Bickerich von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS). Das sei prinzipiell ein klarer Fall von Diskriminierung.

 Und es ist nicht der erste in einem Fitnessstudio. Im Februar 2014 schilderte die Osnabrücker Zeitung den Fall zweier türkischstämmiger Männer, denen die Aufnahme in das Benefit Studio verwehrt wurde. In dem Osnabrücker Fitnessclub hat die strikte Auswahl der Mitglieder System, berichtete ein ehemaliger Angestellter des Studios der Zeitung. "Wer ausländisch aussieht oder nur gebrochen Deutsch spricht, wird grundsätzlich abgelehnt." 

Die Begründung des Fitnessclubs

Als der stern die Ravensburger Fit + Fun Card Studio GmbH um eine Begründung für den Ausschluss bittet, schickt sie als Antwort die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft. Darin heißt es etwa, der Vertragspartner müsse die Mindestlaufzeit von einem Jahr garantieren, einen festen Wohnsitz nachweisen und Deutsch sprechen können, um die Einweisungen in die Geräte verstehen zu können. Darunter findet sich der Zusatz, dass in den Card Studios bereits Mitglieder aus unterschiedlichen Nationen trainierten, in Ravensburg läge der Ausländeranteil bei 40 Prozent. "Wir freuen uns weiterhin auf Mitglieder die hier bereits ansässig sind oder deren Asylantrag bewilligt und eine berufliche und private Bleibe gefunden wurde". Mit anderen Worten: Menschen ohne geklärten Aufenthaltsstatus und Job sind unerwünscht.

Die Argumente hätten vor Gericht kaum eine Chance

Bickerich hält die Argumente für "sehr zweifelhaft". Ein Flüchtling habe einen angemeldeten Wohnsitz und jemanden aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse abzulehnen, scheine für ein Fitnessstudio "sachlich nicht nachvollziehbar", so der Pressesprecher der ADS. Eine berufliche Bleibe - womit wohl eine berufliche Tätigkeit gemeint ist - sei keine Voraussetzung, um in einem Sportclub aufgenommen zu werden. Das Argument, dass die Flüchtlinge binnen der Vertragslaufzeit Deutschland verlassen könnten, hält Bickerich ebenfalls für zweifelhaft: "Rechte und Pflichten aus einem zivilrechtlichen Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios bestehen unabhängig vom Aufenthaltsstatus des Nutzers. Prinzipiell steht ein nicht bewilligter Asylantrag einem zivilrechtlichen Vertragsabschluss deshalb nicht entgegen". 

Im Falle einer Klage müsste das Fitnessstudio höchstwahrscheinlich mit einer Entschädigungszahlung rechnen. Herziger hat die Angelegenheit an einen Abgeordneten der Grünen weitergegeben. Er selbst wolle nicht vor Gericht ziehen.

Zwischenzeitlich hat er sich lieber nach einer anderen Trainingsstätte für die Flüchtlingen in Ravensburg umgeschaut. In fünf Studios fragte er, ob es ein Problem mit der Aufnahme von Asylbewerbern gäbe. Die Reaktion sei überall dieselbe gewesen: "Wie kommen Sie darauf? Die haben die gleichen Rechte wie jeder andere Kunde". Ein Box-Studio räumt geflüchteten Menschen sogar Sonderkonditionen ein.

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