Klinge, Schaum, Schere oder Trockenrasierer? Das beste Stück im Wortsinn zu frisieren, ist für immer mehr Männer zur selbstverständlichen Körperpflege geworden. Vorbei die Zeiten, in denen der kleine Freund gar vorwitzig aus einem borstigen Dschungel lugte. Nur keine Scham! Weniger sieht nicht nur nach mehr aus. Nackt macht der vom Hals abwärts gut frisierte Mann insgesamt einen sportiveren, eleganteren Eindruck. Im Marketing-Denglisch wird die männliche Körperhaarpflege Body Grooming genannt, und das dazu passende Gerät ist der Body Groomer.
Der Markt der Body Groomer wächst. "Galt noch Ende der Neunziger durch Werbevorbilder wie David Beckham der nassrasierte, glatte Mann als das Maß der Dinge, ist es heute vielfältiger geworden", weiß Dr. Florian Cop. Und damit sei auch die Nachfrage nach auf diese Körperregionen spezialisierten Rasierern gewachsen. Cop ist Projektchef bei Braun. Sein Team und er haben weltweit Männer befragt und in deren Badezimmer gelinst, um herauszufinden, wie Männer bei der haarigen Körperpflege ticken. Die Erkenntnisse flossen in einen Body-Groomer, mit dem sich das ehemals deutsche, heute zu Procter & Gamble gehörende Traditionsunternehmen einen Platz im bereits gut bestückten Groomer-Markt sichern will. Mitbewerber sind vor allem Philips, Remington und der Newcomer Manscape.
Männer nehmen anfangs das zur Intimrasur, was sie im Werkzeugkasten finden
Für Cop förderten die Interviews selbst als Mann Überraschendes zutage: "Die allermeisten Männer ziehen am Anfang ihrer Body-Grooming-Reise einen speziellen Rasierer überhaupt nicht in Betracht, sie nehmen das, was eben im Werkzeugkasten so herumliegt". Die Nagelschere und selbst Küchenscheren stünden als Einstiegswerkzeuge ganz weit vorn. Gefolgt vom Nassrasierer für das Gesicht, ohne Klingenwechsel versteht sich. "Bei der Rasur im Gesicht ist der Vater bei den meisten Jungs Vorbild und Ansprechpartner, bei der Intimrasur nicht", erklärt Cop. Das führe zu einer gewissen Hilflosigkeit und im Ergebnis dann zu Experimenten mit Pickeln und Hautrötungen.
Er könne sich noch genau an den ersten Probanden erinnern, den er im Rahmen der Marktforschung besucht habe. Im Badezimmer hätten neun verschiedene Pflegeprodukte und Rasierer mit unterschiedlichen Klingen gestanden, erinnert sich Cop noch lebhaft. Der Mann habe unter außerordentlich empfindlicher Haut gelitten, aber an diesem Extrembeispiel habe man sehen können, wie weit das Feld der männlichen Körperpflege reicht.
Die Motivation zum Trimmen der Körperhaare ist unterschiedlich. Männer jenseits der 40 schauten sich die haarige Körperpflege oft bei den Jüngeren ab. Bei denen gehöre das Trimmen der Körperhaare zur Routine. Das Signal sei klar, so Cop. Der Mann reiferen Alters wolle seine Jugendlichkeit unterstreichen und sich zugleich von der Generation des eigenen Vaters abgrenzen.
"Da war ein Familienvater Anfang 50 aus Miami. Er erzählte uns, dass er streng darauf achtet, seine Brust- und Bauchhaare zu trimmen, bevor er mit der Familie an den Strand geht." Wer im Fitnessstudio seinen Körper stähle, wolle die Erfolge durch kurze Körperhaare betonen. Viele der befragten Männer schneiden ihre Körperhaare, weil es von ihren Partnern erwartet wird oder im Freundeskreis als Norm gilt.
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Glatte Hoden nur in Kombination mit Schamhaar
Unterschiede in den Nationalitäten? Ja, die gebe es. In Deutschland etwa stünden Achselhaare ganz oben auf der Liste der vom Rasierer bedrohten Haare. Amerikanische Männer hingegen störten sich eher an Beinhaaren. "Da hatten wir einen College-Studenten, der hat drei Mal in der Woche seinen kompletten Körper mit dem Nassrasierer glattrasiert – bis auf die Arme", erzählt Cop noch heute mit Erstaunen. Auf die Frage, warum ausgerechnet die Arme nicht, habe er ihn entgeistert angeschaut. Ohne Haare an den Armen würde er ja aussehen wie ein Teenager – das ginge gar nicht!
Auch asiatische Männer rasierten sich vor allem die Beine, alle anderen Körperbereiche seien nachrangig. Am Ende jedoch habe jeder Mann sein persönliches Haarempfinden. Für den einen seien Beinhaare unerträglich, aber Brusthaar gewünscht, andere fänden glatte Hoden großartig, aber nur in Kombination mit sichtbarem Schamhaar. Es hänge auch viel davon ab, was ein Mann als männlich ansehe, fasst Cop die Ergebnisse zusammen.
In aller Regel, so Florian Cop, beginne bei Männern die Reise der Körperhaarpflege zwischen den Beinen – sogar noch vor dem Gesicht. Den Grund dafür haben die Umfragen ebenfalls aufgespürt: die Pornoindustrie. "Ganz klar sind Pornodarsteller bei jungen Männern die großen Vorbilder in Sachen Intimrasur", weiß Cop. Influencer in den sozialen Medien hingegen würden das Thema weit weniger treiben als gedacht. Cop: "Hier ist die Botschaft eher: Es ist dein Körper, mach, was du willst – irgendjemandem wird es ohnehin nicht gefallen."
Muster im Schamhaar? Nicht für Männer.
"Landing Strip", "Hollywood Cut" oder "Brazilian" – die intimen Haarschnitte bei Frauen tragen klingende Namen. "Wir haben weltweit bei den Interviews keinen Mann gefunden, der in sein Schamhaar Formen oder gar Muster schneiden will", sagt Cop. Geradezu brüsk abgelehnt würde Haarfärbung – höchstens als Mutprobe. Wenn der Mann die Klinge an sein Schamhaar setzt, dann aus einem Grund: Es soll ganz natürlich aussehen – aufgeräumt und ordentlich.
Und das Gesamtbild müsse stimmen, so Cop: Eine stark behaarte Brust und eine glatte Scham harmonierten optisch nicht. Doch da sei man schon bei den Experten des Body Groomings. In London habe man gar einen Friseur für Körperbehaarung gefunden, erzählt Cop. "The Wigmore" offeriert behaarten Männern im Wortsinn einen in sich stimmigen Haarschnitt von Kopf bis Fuß – sogar mit Stufenschnitt bei der Brust- und Bauchbehaarung.
Hauptsache, es tut nicht weh
"Uns wurde schnell klar, wie wenig wir von den Rasierern für Kopf und Gesicht auf den Körperbereich übernehmen konnten", blickt Cop zurück. Alles müsse kleiner sein, absolut wasserdicht, griffig, stoßunempfindlich und mit Licht. Und da Haut und Haar am Körper anders seien als im Gesicht, brauchte es auch einen Scherkopf mit neuer Klingentechnik.
Denn selbst die männlichsten Haartypen werden unterhalb des Bauchnabels hochsensibel. Die Angst vor möglichen Verletzungen sei von Männern auf der ganzen Welt als ihre größte Sorge bei der Rasur untenherum geäußert worden, so Cop.
Beim elektrischen Rasierer gibt es zwar keine Schnittverletzungen, jedoch solche, die als Schnitt wahrgenommen werden. Zum Beispiel, wenn die kleinen Zähnchen vorn am Scherkopf beim Rasieren in den Haarkanal eindringen können und das Haar herausreißen, anstatt es zu kappen. Da müsse man dann technisch im Millimeterbereich nachbessern.
Eine Detailarbeit, der durchaus auch im Selbsttest nachgegangen wird. Nicht nur im Intimbereich. Der dunkelhaarige Florian Cop erschien überraschend unrasiert und mit nachlässig gepflegtem Bart zum Interviewtermin. Nun müsse er leider los. Er habe sich im Entwicklerteam heute als Testperson für einen neuen Bart-Trimmer zur Verfügung gestellt und sich eigens dafür in den vergangenen Tagen etwas gehen lassen.