Zwei behelmte Polizisten halten einen Mann vornübergebeugt fest. Ein Dritter fesselt ihm die Hände mit einem Kabelbinder. Dann wird der Festgesetzte gefragt, ob er alleine in den Lkw hochkommen würde. Mit etwas Hilfe steigt er in die silberne Kabine auf der Ladefläche ein. Über der Tür: Logo und Schriftzug des Energiekonzerns RWE. Sein Video kommentiert Klima-Aktivist Raphael Thelen auf Twitter: "RWE stellt den Gefangenentransporter. Die Polizei NRW gibt Kabelbinder und Schmerzgriffe dazu."
Auf Twitter sorgt das Video für Kritik: Nutzt die Polizei bei der Räumung von Lützerath tatsächlich Fahrzeuge des Energiekonzerns zum Gefangenentransport?
RWE reagiert auf Kritik
Die RWE-Medienabteilung antwortet auf Twitter: "Die Antwort ist weniger aufregend als vlt. gedacht: Mit dem geländegängigen Bus fahren wir sonst u.a. Beschäftigte im Tagebau zu ihrem Arbeitsort und nutzen ihn auch für Besuchergruppen. In diesem Fall leisten wir Verwaltungshilfe, der Untergrund erfordert Geländegängigkeit."
Auf Nachfrage, wer die Kosten dafür trägt, schreibt "RWE_Presse": "Allgemein gilt: Für den Fall, dass Leistungen ausschließlich für Belange der Polizei getätigt werden und nicht auch für den geordneten Rückbau nötig sind, können die Kosten zur Erstattung weitergeleitet werden."
Polizei "mietet" RWE-Lkw in Lützerath wohl
Wie das Aussehen könnte, zeigt ein Tweet von Jürgen Döschner, einem Journalisten, der schon lange kritisch über RWE berichtet. Er postet das Foto einer Rechnung von RWE an die Polizei Düren aus dem Jahr 2015. Darauf stellt der Konzern der Polizei für die Nutzung von insgesamt 14 Fahrzeugen "im Rahmen des Polizeieinsatzes zum Klimacamp 2015 im Tagebau Garzweiler" insgesamt gut 4100 Euro in Rechnung. "Ist das echt?" fragte ein Twitter-Nutzer. Döschners Antwort: "Dafür garantiere ich. Ganz offiziell seinerzeit per IFG-Anfrage bei Akteneinsicht rausgefischt."
Musik, Menschenketten, fliegende Steine: So wehren sich die Aktivisten gegen die Räumung in Lützerath

Dass letztendlich der Steuerzahler auch noch für diese Zusatzkosten des eh schon personalintensiven Polizeieinsatzes aufkommen dürfte, sorgt für die nächste Empörung. "Vielleicht sollte man die "Verwaltungshilfe", die RWE hier leistet, mit dem Polizeieinsatz auf Staatskosten verrechnen. Schließlich will RWE massiv gegen die Interessen des Allgemeinwohls hier aus der Kohle Kohle machen. Ich fasse es nicht", schreibt "Goldmarie Olympia Gold im Bügelbrett-Surfen". Und "ZwarteRaaf" twittert: "Eure betriebswirtschaftlichen Interessen, also solltet IHR eigentlich alle Kosten tragen!"

"Gnarf" schreibt: "Ja supi, der Staat erledigt für euch die Drecksarbeit und ihr bittet ihn dafür auch noch zur Kasse?" Die Antworten von RWE waren vielleicht ehrlich – zur Beruhigung der Gemüter haben sie allerdings weniger beigetragen.

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Quellen: Raphael Thelen auf Twitter, "Übermedien"-Podcast, "RWE Presse" auf Twitter, Ann-Katrin Müller auf Twitter.