TikTok "No Dusty Sons" – Was es mit dem Social-Media-Trend auf sich hat

Eine Mutter steht mit ihrem kleinen Sohn in der Küche und backt etwas mit ihm
Von Anfang an Verantwortung im Haushalt übernehmen: Nicht in allen Familien ist das selbstverständlich (Symbolbild)
© Blend Images/Shestock / Picture Alliance
In sozialen Medien ist immer häufiger von "dusty sons" die Rede. Gemeint sind Männer, die zuhause nicht gelernt haben, Verantwortung zu übernehmen. Eine Mutter zweier Söhne hat einen Gegentrend gestartet – und will damit zeigen, wie es auch anders gehen kann.

Payal Desai wollte, dass ihre Söhne einmal verantwortungsvolle und zuverlässige Partner werden. Also startete sie den "No dusty sons"-Trend. In ihren Kurzvideos auf TikTok und Instagram zeigt sie, wie sie ihren drei- und siebenjährigen Söhnen aktiv in Hausarbeiten wie aufräumen, kochen oder einkaufen einbindet, versehen mit Überschriften wie "Ich bringe meinem Sohn bei, hinter sich aufzuräumen, damit deine Tochter sich nicht mit einem Mann abgeben muss, der sein ganzes Leben lang nur umsorgt wurde." Es geht aber nicht nur um Hausarbeit: In anderen Videos bringt sie ihnen Dinge bei wie Selbstreflektion, Meditation, sich entschuldigen oder über Gefühle sprechen zu können.  

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Im typischen TikTok-Trend-Stil sind die Videos immer mit derselben Musik unterlegt und mit einem Augenzwinkern gestaltet. Dennoch haben sie einen ernsten Hintergrund. Desai selbst sagt, sie will mit ihren Videos einen "Generationenzyklus durchbrechen." 

Was ist ein "dusty son" genau?

Eine offizielle Definition gibt es für den Begriff nicht. Payal Desai selbst definiert einen "dusty son" in einer US-Talkshow wörtlich für sich so: "toxic masculinity, laziness, weaponised incompetence and a lack of social and emotional intelligence" (zu deutsch etwa: toxische Männlichkeit, Faulheit, strategische Inkompetenz, und ein Fehlen von sozialer und emotionaler Intelligenz).

"Weaponised incompetence" oder "strategische Inkompetenz" ist ein Begriff, der im Zuge der Diskussionen um Care-Arbeit und Mental Load vermehrt in den sozialen Medien umherrschwirrt. Er beschreibt, wenn Ausreden wie "Du kannst das aber viel besser als ich" benutzt werden, um bestimmte Aufgaben und Verantwortlichkeiten, zum Beispiel im Haushalt, abzugeben. 

Desais Videos können in gewisser Weise als eine Antwort zum "Dusty-Son"-Trend verstanden werden. Den hat vor allem ein User angestoßen, der sich selbst "Girl Dad" nennt. Dieser filmt sich wiederum im gleichen Stil dabei, wie er seinen Töchtern vorlebt, was sie seiner Meinung nach auch von ihren zukünftigen Partnern erwarten sollten – versehen mit Überschriften wie: "Wie ich mich bei meiner Tochter entschuldige wenn ich Unrecht habe – dein 'dusty son' lernt also besser auch, Verantwortung zu übernehmen." Dabei spricht er genau die Dinge an, die Desai in ihren Videos aufgreift, und versucht, an ihre Söhne weiterzugeben.

Gemischte Reaktionen auf Videos

Mit ihren Videos dazu, wie sie versucht, ihre Söhne keine "dusty sons" werden zu lassen, scheint Payal einen Nerv getroffen zu haben. Es gibt viel Zustimmung unter den Videos, vor allem von Frauen, die ihr danken und sich gewünscht hätten, ihre eigenen männlichen (Ex)-Partner wären auch so erzogen worden. 

Bei anderen User:innen lösen ihre Videos jedoch auch Irritationen aus. In den Augen einiger handelt es sich bei dem, was Desai in ihren Videos zeigt, einfach nur um eine Erziehung, wie sie geschlechtsunabhängig sowieso stattfinden sollte, und stellen daher den Nutzen der Videos infrage. "Sollte das nicht alles selbstverständlich sein?" schreibt eine Userin.

Mental Load lastet weiterhin hauptsächlich auf Frauen

Ob es selbstverständlich sein sollte, ist eine Frage, ob es das tatsächlich ist, eine andere. Denn selbstverständlich, dass Männer in heterosexuellen Beziehungen im Haushalt genau so viele anfallende Aufgaben übernehmen wie ihre Partnerinnen, ist es bislang laut verschiedenen Untersuchungen noch immer nicht: Ein Großteil des sogenannten "Mental Loads" in Partnerschaften bleibt demzufolge noch immer im Schnitt häufiger an Frauen hängen.

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Das heißt im Umkehrschluss, dass Frauen – oft parallel zu einem Vollzeitjob – im Schnitt zusätzliche unbezahlte Arbeit erledigen und deshalb eine besondere Belastung tragen, die oft auch als "Mental Load" bezeichnet wird. Eine Befragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institutes (WSI) , dessen Ergebnisse im August dieses Jahres veröffentlicht wurden, unterstreicht das: "Die geschätzte Wahrscheinlichkeit, die notwendigen Alltagsaufgaben im Haushalt zu planen, organisieren und an sie zu denken, liegt für Frauen bei 62 Prozent, für Männer lediglich bei 20 Prozent". Außerdem erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit, den Großteil des Mental Loads zu übernehmen, für Frauen deutlich, wenn Kinder mit im Haushalt leben und wenn die Frau in Teilzeit arbeitet. Gleichzeitig gaben Frauen in der Befragung häufiger an, durch Mental Load belastet zu sein, als Männer. Zum Mental Load werden neben Aufgaben wie kochen und putzen auch etwas weniger offensichtliche Verantwortlichkeiten gezählt, wie etwa sich Geburtstagsgeschenke für Freund:innen und Familie zu überlegen und zu besorgen oder Termine der gemeinsamen Kinder zu koordinieren.

In einigen ihrer Videos bezieht Desai daher auch ihren Ehemann mit ein, um ihren Söhnen zu zeigen, dass es eben nicht nur die Aufgabe der Mutter ist, alles Anstehende zu erledigen – genauso wenig, wie den eigenen Kindern beizubringen, wie eine gerechtere Aufteilung des Mental Loads aussehen kann. 

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Ein andere Kritikpunkt an den Videos ist, dass ihre Söhne selbst in vielen der Videos vollständig zu sehen sind. Seit einigen Jahren gibt es immer wieder Diskussionen um das Zeigen von Kindern im Internet, gerade auch, aber nicht ausschließlich, am Beispiel von "Familien-Blogger:innen", die ihr Geld explizit mit den Inhalten verdienen, die ihre Kinder miteinbeziehen. Die Sorgen drehen sich vor allem darum, dass gerade kleine Kinder gar nicht oder nur beschränkt einwilligungsfähig sind, was die Rechte an ihren eigenen Bildern betrifft. 

Quellen: TikTok, Instagram, WSI-Report, Forbes, Business Insider