Die baden-württembergische Wirtschaft rechnet mit einem weiteren Abbau von Industriearbeitsplätzen. Die Durststrecke sei bislang nicht beendet, sagte der Chef sagte der Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK), Jan Stefan Roell, der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. "Die Konjunktur springt nicht an." Die Wirtschaft im Land stecke in einer tiefen Krise. Wenn investiert werde, dann gehe es aktuell vor allem um Ersatzinvestitionen. "Expansion spielt fast gar keine Rolle mehr. Beim Geldausgeben sind die Unternehmen sehr zurückhaltend."
Der Südwesten ist vor allem von der Automobilindustrie, ihren Zulieferern und dem Bereich Maschinen und Anlagenbau abhängig. Im September waren in der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie 951.700 Personen beschäftigt, rund 2.400 mehr als im August, wie der Arbeitgeberverband Südwestmetall kürzlich mitteilte. Trotz dieser saisonal bedingten Verschnaufpause seien damit seit dem Höchststand Mitte 2019 rund 57.500 Branchenjobs im Land verloren gegangen, allein seit Jahresbeginn knapp 20.000.
Automatisierung steht an erster Stelle
Roell sagte weiter, bevor die Unternehmen wieder verstärkt Menschen einstellten, würden sie sicherlich weiter versuchen, ihre Prozesse zu automatisieren. "Künstliche Intelligenz wird den Arbeitsplatzabbau aus meiner Sicht beschleunigen." Die Arbeitskosten seien weiterhin sehr hoch und die schwache Inlandsnachfrage mache es für die Betriebe gleichfalls nicht einfacher.
Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) rechnet für 2026 nur mit einer minimalen Besserung der Lage im Land. Man erwarte nach längerer Durststrecke einen zumindest leichten Anstieg der Wirtschaftsleistung. "Ein selbsttragender Aufschwung ist aber noch nicht in Sicht – zu schwach ist der Konsum, zu schwach sind die privaten Investitionen, zu gering sind die konjunkturellen Impulse insbesondere auch auf der Exportseite."
Die CDU-Politikerin beobachtet nach eigener Aussage eine weitere Entwicklung mit Sorge: Die Beschäftigtenzahl im produzierenden Sektor sinke auch in Baden-Württemberg seit Jahren, wohingegen sich immer mehr Menschen mit Verwaltung, Bürokratie und im weitesten Sinne sozialen Dienstleistungen beschäftigten. "Immer weniger arbeiten im produzierenden Gewerbe, aus dessen Wertschöpfung diese Tätigkeiten letztlich mitfinanziert werden müssen."
BWIHK