Weil die schnelle Ausbreitung der Vogelgrippe die Geflügelhalter mit voller Wucht trifft, dringen sie aus wachsender Sorge vor wirtschaftlichen Schäden auf einen stärkeren Schutz der Bestände. Es müsse oberste Priorität haben, die Ausbreitung des Virus zu verhindern, Tiere zu schützen und Schäden abzuwenden, sagte Georg Heitlinger vom baden-württembergischen Landesverband der Geflügelwirtschaft. Er forderte ein bundesweites Aufstallungsgebot. Nutztiere wie Geflügel aus Freilandhaltung müssten auf eine solche behördliche Anordnung in geschlossenen Ställen gehalten werden.
Die Infektionskrankheit breitet sich seit Wochen aus. Am Freitag wurde auch der aktuell erste Fall in Baden-Württemberg bestätigt. In dem betroffenen Geflügelbetrieb in Öllingen (Alb-Donau-Kreis) wurden als Folge rund 15.000 Tiere getötet.
Schutzzonen und Desinfektion
Schutzzonen von mehreren Kilometern wurden um den Hof gezogen, größere Überwachungszonen festgelegt. Es gilt eine Stallpflicht, um das Geflügel von wildlebenden Vögeln und Nagetieren zu isolieren. Futter oder das Fleisch geschlachteter Tiere, das den Virus enthalten könnte, darf nicht aus der Zone heraus gebracht werden. Die Betriebe müssen an den Zu- und Abfahrtswegen täglich Desinfektionsmaßnahmen durchführen.
Nach Auffassung Heitlingers reicht das nicht. "Es wäre uns als Branche am liebsten, wenn wir ein Aufstallgebot in ganz Deutschland hätten, besonders für Freilandhaltungen", sagte der Landwirt aus Eppingen (Kreis Heilbronn). Für Gänsehalter müsse es praktikable Ausnahmen geben, weil diese Tiere draußen unterwegs seien, sagte er der dpa. Entsprechende Betriebe sollten im Auslauf bleiben dürfen, ohne ihren Versicherungsschutz bei der Tierseuchenkasse zu verlieren, sofern sie ein geeignetes Biosicherheits-Konzept umsetzen.
Institut geht von mehr etwa 400.000 toten Tieren aus
Nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) haben bislang mehr als 30 kommerzielle Geflügelhalter bundesweit ihre Tiere töten müssen. Der Schaden für betroffene Betriebe geht insgesamt in die Millionen.
Um die weitere Ausbreitung der Tierseuche möglichst einzudämmen, seien ersten Erhebungen zufolge etwa 400.000 Hühner, Enten, Gänse und Puten gekeult und anschließend entsorgt worden, sagte eine Sprecherin des für Tiergesundheit zuständigen FLI mit Sitz in Greifswald auf Anfrage. Ähnliche Zahlen habe es bereits 2021 gegeben, dem bisher stärksten Geflügelpest-Jahr.
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FLI: "Dynamisches Geschehen"
Wie sich die Situation weiter entwickelt, ist nicht abzusehen. Auf jeden Fall rechnet das FLI mit einer weiteren Zunahme der Ausbrüche und Fälle. "Wir sehen nach wie vor ein sehr dynamisches Geschehen", sagte Instituts-Präsidentin Professor Christa Kühn.
Bei einem der bislang schwersten Seuchenzüge in Deutschland mussten im Winter 2020/21 nach Angaben der Fachpresse bundesweit mehr als zwei Millionen Tiere gekeult werden.
Zwar ist die Tierseuche in Deutschland inzwischen ganzjährig verbreitet, doch mit dem Vogelzug im Herbst gewinnt das Infektionsgeschehen deutlich an Fahrt. Unter Kranichen hat die Ausbreitung der Vogelgrippe nach Einschätzung des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) inzwischen ein in Deutschland bislang nicht gekanntes Ausmaß angenommen. Unklar ist, ob der Fall in Öllingen mit den Infektionen bei Kranichen zusammenhängt.