Zehn Jahre nach der Ankunft tausender syrischer Flüchtlinge am Münchner Hauptbahnhof spricht Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) rückblickend von einer "Sternstunde". "Es war ein schönes Gefühl, OB in einer Stadt zu sein, in der die Leute zusammenhalten. Weltweit wurde beachtet, wie gut es in München gelaufen ist", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (Freitagsausgabe).
"Diese Spaltung, die wir aktuell in der Gesellschaft sehen, war kein Thema. Ich bin sehr stolz darauf, und das sage ich nicht oft, was Verwaltung und vor allem die Münchnerinnen und Münchner geschafft haben."
Reiter betonte: "Es war eine Sternstunde. Nicht der Stadt, sondern der Gesellschaft dieser Stadt. Vielleicht auch, weil damals keiner wusste, wie lang uns dieses Thema beschäftigen wird. Aber die Menschen denken nicht, dass das damals falsch war." Sonst hätten sie aus seiner Sicht 2022 bei der Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine nicht wieder genauso reagiert.
Dennoch nehme er inzwischen "ein Grummeln wahr", sagte Reiter. "Wieso alle nach München? Ich halte es für falsch, dass die Wirtschaftskraft der Stadt eine Rolle beim Verteilen der Geflüchteten spielt. Die Unterkünfte zahlt ohnehin der Bund. Eine Gemeinde, die wirtschaftlich nicht so stark ist, aber viel Platz hat, könnte mehr Menschen aufnehmen als bisher."
Gleichzeitig sei auch klar, dass Zuwanderung nötig sei, betonte der SPD-Politiker: "Ich kenne keinen Gastronomen, der sagt: "Die sollen alle wieder heimgehen." Hätte ich keine Migrantinnen und Migranten, dann könnte ich die städtischen Krankenhäuser und Altenheime zusperren. Und das wissen die Leute mittlerweile."
Die Diskussion um eine Obergrenze für Migration könne er noch immer nicht verstehen, sagte Reiter der "SZ": "Es gibt keine Obergrenze für Menschlichkeit. Das habe ich damals gesagt, und die gibt es nach wie vor nicht."